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Demenztests Negativ gescreent, trotzdem kognitiv gestört

Autor: Birgit Maronde

Mit der Positronen-Emissions-Tomografie kann man Ablagerungen des Aβ1-42 nachweisen. Allerdings wird die Methode nur in Ausnahmefällen und nach individueller Rücksprache von den gesetzlichen Kassen bezahlt. Mit der Positronen-Emissions-Tomografie kann man Ablagerungen des Aβ1-42 nachweisen. Allerdings wird die Methode nur in Ausnahmefällen und nach individueller Rücksprache von den gesetzlichen Kassen bezahlt. © amazing studio – stock.adobe.com
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Eine Alzheimer­demenz im Frühstadium erkennt man am besten per Liquoranalyse. Orientierende neuropsychologische Tests sind dagegen bei negativem Resultat unzuverlässig.

Auf 100.000 Menschen kommen hierzulande etwa 150 mit einem M. Alzheimer. Schon in der Frühphase macht sich diese Krankheit durch Störungen von Merkfähigkeit und Gedächtnis, räumlicher und zeitlicher Orientierung sowie dem Verlust sprachlicher Fähigkeiten, v.a. Wortfindungsstörungen, bemerkbar. Im Verlauf kommt es dann zu weiteren kognitiven Einschränkungen (s. Kas­ten).

Klinische Alzheimersymptome

  • Merkfähigkeits- und Gedächtnisstörungen (Speicherstörung), Frühzeichen
  • räumliche und zeitliche Orientierungsstörung, Frühzeichen
  • visuokonstriktive Störungen
  • Neglekt, Agnosie, Apraxie
  • Verlust sprachlicher Fähigkeiten (insbesondere Wortfindungsstörungen), Frühzeichen
  • Verlust der Urteilsfähigkeit
  • Nachlassen sozialer Kompetenzen
  • Reizbarkeit, Auffälligkeiten von Verhalten und Persönlichkeit

Differenzialdiagnosen per Blutanalyse ausschließen

Die Diagnostik der Alzheimererkrankung hat mehrere Ebenen, erklärte Prof. Dr. ­Dirk ­Hermann vom Universitätsklinikum Essen. Zunächst erfolgen Blutanalysen, um anderen potenziellen Ursachen für die kognitiven Einschränkungen auf die Spur zu kommen. Bestimmt werden Elektrolyte, Nieren-, Leber­werte, TSH, Vitamin B12, Folsäure. Außerdem wird ein Blutbild sowie eine HIV-, Lues- und Borrelien­serologie gemacht.
Zudem sollte man den Patienten neurologisch (fokalneurologische Auffälligkeiten, z.B. Paresen?) und neuropsychologisch untersuchen. Als orientierende Tests für die Hausarztpraxis stehen zur Verfügung:

  • Mini-Mental-Status-Test (MMST): erfasst grob diverse neuropsychologische Domänen; max. 30  Punkte erreichbar; Demenzverdacht bei ≤ 26 Punkten
  • DemTect: prüft verbales Gedächtnis, Wortflüssigkeit, Aufmerksamkeit, kognitive Flexibilität; Ergebnis ≤ 12 Punkte gilt als auffällig
  • Uhrentest: spiegelt visuokonstriktive Leistung wider; max. 6 Punkte erreichbar

Diese Tests sind zwar schnell durchführbar, haben aber nur eine mäßige Sensitivität und Spezifität, betonte Prof. Hermann. Keinesfalls dürfe man aus einem unauffälligen MMST schließen, dass alles in Ordnung sei. Besonders Akademiker, die in ihrem Leben viel mit Zahlen oder Sprache zu tun hatten, können ihre Defizite oftmals gut kompensieren.

Neuropsychologische Tests (ADAS-cog**, CERAD-Test***) dauern schon mal 30–45 Minuten und werden auch deshalb eher nicht in Hausarztpraxen durchgeführt. Allerdings erlauben sie, kognitive Defizite bereits in Vor- und Anfangsstadien der Demenz zuverlässig zu erfassen. Der CERAD-Test hat den Vorteil, dass er alters-, geschlechts- und bildungsabhängige Normwerte berücksichtigt.

Eine kraniale MRT sollte bereits vor der Überweisung zum Neurologen oder in eine Klinik erfolgen, forderte Prof. Hermann. Doch Vorsicht: Ein unauffälliger Befund schließt eine Demenz im Frühstadium nicht aus, denn wie die Symptomatik beginnt auch die für den M. Alzheimer charakteristische mediale Temporallappenatrophie schleichend. Im Frühstadium imponieren degenerative Veränderungen in limbischen Cortexarealen (v.a. Hippocampus). Erst bei fortgeschrittener Demenz kommt es zu einer globalen Hirnatrophie.

Mittels Lumbalpunktion lassen sich Zellzahl, Glukose, Laktat, oligo­klonale Banden, Beta-Amyloid (Aβ1-42, Aβ1-40), Tau- und Phospho-Tau-Protein bestimmen. Charakteristisch ist folgende Konstellation:

  • Aβb1-42 erniedrigt
  • Aβ1-40 unverändert
  • Quotient aus Aβ1-42 und Aβ1-40 erniedrigt
  • Tau-Protein erhöht
  • Phospho-Tau-Protein erhöht

Schon etwa 20 Jahre, bevor es zur klinischen Manifestation kommt, zeigen sich im Liquor Veränderungen, berichtete Prof. Hermann. Als erster Marker steigt das Betaamyloid an, ein paar Jahre später kommt es zur verstärkten Ablagerung von Tau-Protein im Gehirn. Nach und nach resultieren neuronale Schäden, erkennbar an einer beginnenden Hirnatrophie. Erst dann fallen erste kognitive Einschränkungen auf.

Mit der Positronen-Emissions-Tomografie kann man Ablagerungen des Aβ1-42 nachweisen. Allerdings wird die Methode nur in Ausnahmefällen und nach individueller Rücksprache von den gesetzlichen Kassen bezahlt.

*    Online-Veranstaltung „Der demenzkranke Patient in der Hausarztpraxis “ vom 13.06.2023, streamed-up.com
**    Alzheimer‘s Disease Assessment Scale-
Cognitive Subscale
***    Consortium to Establish a Registry for Alzheimer‘s Disease