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Rektumkarzinom Rätselhafte Effekte des Darmkrebsscreenings

Autor: Friederike Klein

Bis es dank Vorsorgekoloskopie Licht nicht nur am Ende, sondern auf ganzer Strecke des Tunnels gibt, wird es noch dauern. Bis es dank Vorsorgekoloskopie Licht nicht nur am Ende, sondern auf ganzer Strecke des Tunnels gibt, wird es noch dauern. © Immanuel Albertinen Diakonie/endoskopiebilder.de; iStock/Md Babul Hosen
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Seit 2019 erhalten Menschen zwischen 50 und 65 alle fünf Jahre eine Einladung zum immunologischen Stuhltest und zur Vorsorgekoloskopie. Zuvor hatte man das Screening ausgehend vom einfachen Guajak-Test sukzessive intensiviert – mit überraschenden Ergebnissen.

Durch die Einführung der ersten Screeninguntersuchungen hat der Anteil der frühen Stadien bei diagnostizierten kolorektalen Karzinomen seit dem Jahr 2000 erwartungsgemäß leicht zugenommen. Betrachtet man jedoch nur die Rektumkarzinome, zeigt sich ein anderes Bild: Hier sind die Anteile der Stadium-I- und Stadium-II-Karzinome eher rückläufig, wohingegen die Stadium-III-Karzinome zwischen 2000 bis 2016 zugenommen haben, berichtete PD Dr. Michael Hoffmeister vom Deutschen Krebsforschungsinstitut in Heidelberg. Warum ist das so?

Möglicherweise sind die Daten nicht ganz verlässlich, lautet eine Antwort des Experten: Es hat einen hohen Anteil von Rektumkarzinomen ohne Stadienklassifikation gegeben und die Einteilung nach UICC-Stadien ist relativ grob – T- und N-Stadien wurden nicht berücksichtigt.

Für einen deutlichen Effekt wäre es derzeit noch zu früh

Zudem hat man in den letzten zehn Jahren die Prüfung auf befallene Lymphknoten intensiviert. Möglicherweise fallen dadurch mehr Karzinome direkt ins Stadium III.

Außerdem haben die zunehmenden neoadjuvanten Möglichkeiten zu einer Weiterentwicklung der präoperativen Diagnostik und Bildgebung geführt. Auch dies könnte die häufigere Einstufung als Stadium-III-Tumor befördern.

Bereits jetzt einen dramatischen Effekt durch die Früherkennungskoloskopie zu erwarten, wäre ohnehin utopisch, räumte der Experte ein. Nach Analysen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WiDO) ist nach wie vor die Mehrzahl der durchgeführten Koloskopien diagnostischer Natur. Der Anteil an Menschen, die innerhalb von zehn Jahren eine Vorsorgekoloskopie wahrnehmen, liegt bei unter 20 %, berichtete Dr. Hoffmeister.

Eine höhere Teilnehmerrate wäre aus verschiedenen Gründen wünschenswert. Sie würde seiner Meinung nach auch die Stadienverteilung beim Rektumkarzinom bevölkerungsweit positiv beeinflussen.

Distal versus proximal

Mit der immer umfassenderen Früherkennung sind die Inzidenz und Mortalität von Darmkrebs zurückgegangen. Seltener geworden sind vor allem Karzinome im distalen Kolon und Rektum, nicht aber die Karzinome im proximalen Kolon, berichtete Dr. Hoffmeister. Dort bleibt die Situation schwieriger, mögliche Gründe sind unterschiedliche molekulare Subtypen in den verschiedenen Darmabschnitten, eine schwierige Detektion via Koloskopie im proximalen Bereich oder auch aggressivere Karzinome.

Bessere Ergebnisse dank höherer Akzeptanz?

Grundlage für diese Einschätzung sind Daten aus europäischen Nachbarländern auf Basis von besser akzeptierten immunologischen Stuhltests. Auswertungen zufolge war der Anteil niedriggradiger Rektumkarzinome tatsächlich bei gescreenten Personen deutlich höher als in der Gruppe derjenigen, die nicht am Screening teilnahmen.

Quelle: 48. Deutscher Koloproktologen-Kongress