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Schmerzen in Leiste und Hüfte – an eine Sehnenruptur denken

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Typisch für die Ruptur ist der nur mit Flüssigkeit gefüllte Kanal der Psoassehne (1). In der sagittalen Ansicht (2) sieht man eine Retraktion der Sehne um 27 mm. Typisch für die Ruptur ist der nur mit Flüssigkeit gefüllte Kanal der Psoassehne (1). In der sagittalen Ansicht (2) sieht man eine Retraktion der Sehne um 27 mm. © Abteilung für Radiologie der Schön Klinik Eilbek / Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
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Hinter Hüft- und Leistenschmerzen, denen kein entsprechendes Trauma vorangegangen ist, können manchmal echte Raritäten stecken. Das zeigt das Beispiel einer 57-Jährigen.

Nachdem sie bereits seit anderthalb Jahren über Schmerzen in der linken Leiste geklagt hatte, nahmen diese nun akut zu und führten die Patientin in die orthopädische Sprechstunde. Einen Unfall, der den Befund erklären könnte, hatte es weder aktuell noch zu Beginn der Beschwerden gegeben.

Bis auf ein starkes Übergewicht und eine Hypothyreose war die 57-Jährige gesund, schreiben Dr. Fabian­ Freudenthaler von der Allgemeinen Orthopädie und dem Zentrum für Endoprothetik der Schön Klinik in Hamburg-Eilbek und Kollegen.

Röntgen und Laborwerte waren unauffällig

Ihnen fiel aber schon auf den ersten Blick auf, dass die Kranke mit dem linken Bein humpelte und den Oberkörper beim Gehen stark nach vorne neigte. Bei der körperlichen Untersuchung fanden sie eine eingeschränkte Beweglichkeit der betroffenen Hüfte mit starken Schmerzen sowohl bei aktiver Beugung als auch bei passiver Streckung.

Als die Mediziner den Unterbauch abtasteten, gab die Patientin bei weicher Bauchdecke ohne Abwehrspannung links einen leichten Druckschmerz an. Die Wirbelsäule und angrenzenden Gelenke waren frei. Motorik, Sensibilität und Pulsstatus waren ohne pathologischen Befund. Die Laborwerte gaben auch nichts her, insbesondere keine Anzeichen für eine aktive Entzündung. Und das Röntgenbild trug ebenfalls nichts Erhellendes bei.

Die MRT schließlich brachte des Rätsels Lösung: Die Aufnahmen zeigten eine Ruptur der Sehne des linken M. iliopsoas auf Höhe des Schenkelhalses. Im gesamten Muskel und im kleinen Becken hatte sich Flüssigkeit angesammelt. Das Hüftgelenk selbst bot keine Auffälligkeiten.

Deutliche Besserung nach sechs Wochen Therapie

Die Ärzte verordneten Schmerzmittel und eine intensive Physiotherapie, darunter konnte die Patientin schon nach sechs Wochen wieder fast normal laufen. Kraft und Beweglichkeit hatten sich ebenfalls gebessert und unterschieden sich nur noch geringfügig von der gesunden Seite. Ihren Alltag kann die 57-Jährige damit nun problemlos wieder bewältigen.

Die Psoassehnenruptur ist eine Rarität in der Orthopädie und ein Trauma wurde dabei noch nie beschrieben, erklärt der Autor.

Ursache vermutlich ein degeneratives Geschehen

Das vornüber geneigte Gangbild, die Schmerzen bei aktiver Beugung und passiver Streckung sowie das unauffällige Röntgenbild sollten aber an die Diagnose denken lassen. Ätiologisch vermutet man ein degeneratives Geschehen, als Risikofaktoren gelten:

  • höheres Alter,
  • Einnahme von Glukokortikoiden oder Fluorchinolonen,
  • Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz und Gicht.

Die Therapie erfolgt rein konservativ, die Prognose ist gut: Intensive krankengymnastische Übungen, ggf. unter Analgetika, bessern die Beschwerden deutlich – vermutlich übernehmen dabei allmählich laterale, eigenständig inserierende und somit nicht lädierte Anteile des Muskels die Bewegungen.

Quelle Text und Abb.: Freudenthaler F et al. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 26-27 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg