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Screening auf Vorhofflimmern mit Smartwatch, EKG-Patches und Handelektroden

Autor: Dr. Barbara Kreutzkamp/Dr. Sascha Bock

Mit einem winzigen Gerät und der dazu­gehörigen App können Patienten ihr EKG selbst aufzeichnen. Ein Kardiologe wertet es aus. Mit einem winzigen Gerät und der dazu­gehörigen App können Patienten ihr EKG selbst aufzeichnen. Ein Kardiologe wertet es aus. © AliveCor
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Ob Smartwatch, EKG-Patches oder Handelektroden – inzwischen gibt es unzählige Geräte, die ein Vorhofflimmer-Screening für jedermann erlauben. Doch wie sinnvoll wäre eine flächendeckende Früherkennung überhaupt?

Nicht zuletzt die AppleWatch und die dazugehörige Apple-Heart-Studie treiben die Diskussion um ein Screening auf Vorhofflimmern (VHF) voran. Mittels Photoplethysmographie erkennt die smarte Uhr die Rhythmusstörung. Allerdings tragen vorwiegend junge Menschen derartige Devices, weshalb die Detektionsraten unter 1 % liegen. Demgegenüber steht eine nicht unerhebliche Zahl an falsch positiven Befunden. Allgemein versieht selbst ein Test mit einer 95%igen Spezifität bis zu 50 000 Menschen pro eine Million gescreenter zu Unrecht mit der Diagnose VHF, schreiben Dr. Nicholas­ R. Jones von der University of Oxford und Kollegen.

Bei jedem Zehnten mit Apoplex wird ein VHF entdeckt

Aus Kostengründen und wegen des fehlenden Nutzennachweises sprechen sich internationale Gremien deshalb gegen eine generelles Screening bei asymptomatischen Personen aus. Die Problematik aber bleibt: Bei jedem Zehnten mit ischämischem Schlaganfall wird erstmalig ein VHF festgestellt. Schätzungen zufolge laufen 15 % der Bevölkerung undiagnostiziert mit der Arrhythmie herum, bis zu 75 % von ihnen könnten sich für eine Antikoagulation eignen.

Eine Früherkennung bietet die Chance, (Hochrisiko-)Patienten zeitiger eine Gerinnungshemmung zukommen zu lassen. Doch würden die so dingfest gemachten Personen in gleichem Maße von der Medikation profitieren wie diejenigen mit symptomatischem VHF? Die aktuelle Datenlage deutet jedenfalls nicht darauf hin, so die Autoren. Asymptomatische Betroffene hätten ein anderes kardiovaskuläres Risikoprofil.

Der CHA2DS2VASc-Score z.B. sei für eine VHF-Diagnose, die sich aus einem erweiterten Screening mittels Smartphone, Patch oder implantiertem Device ergibt, nicht validiert. Er bescheinigt Personen mit sehr niedriger Krankheitslast womöglich eine Antikoagulanzien-Indikation. Die ASSERT-Studie aber zeigte, dass das Schlaganfallrisiko bei asymptomatischem Vorhofflimmern offenbar erst steigt, wenn die Arrhythmie länger als 24 Stunden anhält. In bestimmten Fällen könnte die Blutungsgefahr unter Gerinnungshemmung ihren Benefit also konterkarieren, schreiben die Experten.

Evidenzlücken beim VHF-Screening

  • Dauer und Frequenz des Screenings?
  • Welches Device benutzen?
  • Potenzielle Schäden durch die Früherkennung?
  • Tatsächliche Prävalenz des undiagnostizierten VHF?
  • Welche Gruppen screenen? Auswahlkritieren?
  • Schlaganfallrisiko bei positiv Gescreenten?
  • Bei welcher Krankheitslast ist das Apoplexrisiko erhöht?
  • Krankheitslast in Risikoprädiktion mit aufnehmen?
  • Gibt es kosteneffektivere Wege, die Schlaganfallinzidenz zu senken?

Hochrisikogruppen dagegen profitieren möglicherweise von einer Früherkennung. Zudem würde die number needed to screen bei einer entsprechenden Einschränkung signifikant gesenkt, so die Vermutung der Autoren. Auch erfülle ein VHF-Screening grundsätzlich viele Kriterien eines erfolgreichen Screening-Programms. Sensitivität und Spezifität seien mit gängigen Tests zur Krebsfrüherkennung vergleichbar. Viele Fragen bleiben jedoch offen (s. Kasten) – z.B., ob die Suche nach asymptomatischem VHF harte Endpunkte wie schlaganfallbedingte Morbidität und Mortalität verbessert. Genau das sollen laufende Studien klären.

Quelle: Jones NR et al. Eur Heart J 2019; DOI: 10.1093/eurheartj/ehz834