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Grüner Star Steter Tropfen ölt die Pein

Autor: Dr. Susanne Gallus

Diese Frau entwickelte eine Kontakt­dermatitis. Diese Frau entwickelte eine Kontakt­dermatitis. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.
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Augentropfen bilden die zen­trale Säule der Behandlung eines grünen Stars. Ihre regelmäßige Applikation kann jedoch unerwünschte sekundäre Effekte haben. Insbesondere Prostaglandinanaloga zeichnen für lokale Nebenwirkungen verantwortlich.

Um beim Glaukom den Augeninnendruck zu senken, werden in der Regel wirkstoffhaltige Augentropfen verwendet. Prostaglandinanaloga (PGA) oder Betablocker sind die Mittel der Wahl. In der Zweitlinientherapie kommen auch Sympathomimetika und Carboanhydrasehemmer, seltener Parasympathomimetika in Betracht. 

Nebenwirkungen lokal und systemisch möglich

Ein wichtiger Punkt bei der lokalen Anwendung am Auge ist, dass die durchschnittliche Tropfenmenge (50 µl) die Speicherkapazität des Auges (30 µl) übersteigt und der überschüssige Teil der Flüssigkeit in den gefäßreichen Tränenapparat gelangt. Daher können Augentropfen sowohl lokale Nebenwirkungen als auch systemische Effekte auslösen, schreiben Alexandra Patchinsky, Service de Dermatologie, CHRU de Nancy – Hôpitaux de Brabois und ihre Kollegen.

Um zu klären, welche typischen Nebenwirkungen auftreten, werteten die Wissenschaftler 123 Studien aus. Als periokuläre und okuläre Nebenwirkungen fanden sie: Kontaktdermatitis, prostaglandinanaloga­assoziierte Periorbitopathie, kutane Hyperpigmentierungen, Schleimhautpemphigoid, Hypertrichose, Melanom sowie Depigmentierungen von Haut und Wimpern.

Für Kontaktdermatitiden sorgten vor allem die Betablocker. Insgesamt sollte man aber auch Zusatzstoffe wie Benzalkoniumchlorid nicht vorschnell freisprechen, da die Patienten oft gegen diese sensibilisiert sind. Ein Fallbericht beschreibt außerdem eine Kontakturtikaria durch Pilocarpin-Tropfen. 

Das Auftreten von De- und Hyperpigmentierungen stand bei der Auswertung meist mit Prosta­glandinanaloga in Zusammenhang. Eine Poliosis entwickelten Patienten im Mittel etwa acht Monate nach Therapiebeginn, Hyperpigmentierungen traten im Mittel nach zehn Monaten auf. Der Effekt ging bei einigen Anwendern nach Absetzen der Augentropfen zurück.

Als Wimpernbooster wird Prostaglandin in manchen Kosmetikprodukten beworben. Daher überrascht es nicht, dass die Tropfen auch auf der Haut eine Hypertrichose auslösen können (etwa nach neun Monaten), die sich aber nach Absetzen der Tropfen wieder bessern kann. 

Mit der langfristigen Verwendung von PGA besteht zudem das Risiko einer prostaglandinassoziierten Periorbitopathie – vor allem bei älteren Patienten. Im Schnitt trat diese im Rahmen der ausgewerteten Studien nach etwa 31 Monaten auf. Durch Absetzen der Medikation ging sie in wenigen Fällen wieder zurück, bei einigen Patienten kam es zumindest zu einer Besserung.

Konservierungsstoff als möglicher Auslöser

Besondere Bedeutung kommt dem Schleimhautpemphigoid zu, da es zu Erblindung führen kann. Es manifestierte sich in den ausgewerteten Studien zwischen drei und 20 Jahren nach Therapiebeginn. Einen spezifischen Wirkstoff konnte man aufgrund der langen Zeitspanne, in der mitunter verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz kamen, nicht als Auslöser festmachen. Da die meisten Präparate allerdings Benzalkoniumchlorid enthielten, wäre der Konservierungsstoff ein plausibler Verdächtiger.

Seltener kommt es durch die Gabe von Augentropfen auch zu generalisierten Nebenwirkungen. Zwar ist die Kausalität nicht immer eindeutig, dennoch sollte man einen Zusammenhang bei Patienten, die gleichzeitig Glaukomtropfen anwenden, in Betracht ziehen, betonen die Wissenschaftler. In vielen Fällen führt ein Absetzen der Augentropfen zu einer Besserung der Symptome. Als generalisierte Nebenwirkungen identifizierten sie: getriggerte Psoriasis, Lichen planus, exzessives Schwitzen, Alopezie, TEN*, Erythema multiforme, Erythrodermie, subakuten kutanen Lupus, Nagelpigmentierungen und das bullöse Pemphigoid. 

Die Psoriasis wurde bei den meis­ten Patienten durch Betablocker getriggert. Ähnliches galt für die Alopezie. Einzelfallberichte nennen als Auslöser beispielsweise Timolol (Alopezie, Erythrodermie sowie kutaner Lupus und Nagelpigmentierungen) und Levobunolol (Erythrodermie und bullöses Pemphigoid).

* toxische epidermale Nekrolyse

Quelle: Patchinsky A et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2022; 34:1666-1671; DOI: 10.1111/jdv.17928