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Tollwut, Influenza, Chikungunya – Erwartetete Reiseimpfstoffe in den nächsten Jahren

Autor: Maria Weiß

Reisende könnten bald besser, einfacher und kostengünstiger  gegen gängige Erkrankungen geschützt werden. Reisende könnten bald besser, einfacher und kostengünstiger gegen gängige Erkrankungen geschützt werden. © iStock/Talaj
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Impfstoffe lassen sich inzwischen einfacher produzieren und es gibt mehr Möglichkeiten, sie sicherer und effektiver zu machen. Davon profitiert auch die Reisemedizin.

Die epidemiologischen Entwicklungen der letzten zehn Jahre lassen den Ruf nach neuen Impfstoffen immer lauter werden, erklärte Professor Dr. Herwig­ Kollaritsch­ vom Zentrum für Reisemedizin in Wien. Und die Voraussetzungen für deren Produktion haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Rekombinanten- und Vektorvakzinen, Reassortanten-Impfstoffe, DNA-basierte Vakzinen und neue Adjuvanzien haben die Herstellung effizienter, besser verträglich und auch preiswerterer gemacht.

Als Bremsklotz erweisen sich allerdings die enormen Entwicklungskosten durch klinische Prüfungen, die viele Firmen davon abschreckt, das kaufmännische Risiko einzugehen. So scheint zwar immer mehr machbar – nur weniges kommt aber tatsächlich bei den Menschen an.

Auch wenn sich derzeit alle Augen auf die SARS-CoV-2-Impfung richten, befinden sich auch andere wichtige Vakzinen in der Pipeline. Prof. Kollaritsch berichtete über einige für die Reisemedizin relevante Präparate, die es seiner Einschätzung nach in absehbarer Zeit bis zur Zulassung schaffen könnten.

Chikungunya

Am weitesten fortgeschritten ist die Entwicklung einer Vektorvakzine, bei der ein Masernvirus-Impfstamm die Sequenz für Chikungunya-Oberflächenproteine transportiert. Alle Geimpften entwickelten nach zwei Injektionen CHIK-Antikörper. Die Masern-Antikörpertiter stiegen ebenfalls an, ohne dass ein vorbestehender Masernschutz die Immunogenität beeinflusste. Hinsichtlich der Verträglichkeit gab es keine Auffälligkeiten. Noch stehen Phase-2-Studien bei Menschen mit durchgemachter CHIK-Infektion und Phase-3-Studien aus. In fünf bis acht Jahren könnte das Produkt nach Einschätzung des Experten Markt­reife erreichen.

West-Nil-Fieber

Die bereits vorhandenen Impfstoffe haben den Nachteil, dass jährlich geboostert werden muss. Derzeit befinden zwei chimärische Präparate in der Pipeline, die auch bei besonders gefährdeten älteren Patienten ausreichend immunogen zu sein scheinen. Zusätzlich zeigten sie eine länger als ein Jahr dauernde Antikörperpersis­tenz. Da sich Phase-3-Studien wegen der kurzen Saison der WNV-Übertragung und der schwankenden epidemiologischen Zahlen als extrem schwierig gestalten, lässt sich kein Zeitrahmen für die Markteinführung abschätzen.

Tollwut

Gegen Rabies gibt es zwar effektive Impfstoffe – sie erfordern aber das Handling infektiöser Viren. Zusätzlich ist die Produktion limitiert, mittelfristig nicht ausbaubar und teuer. Für das erklärte Ziel der WHO, die Welt bis 2030 tollwutfrei zu machen, könnte dies hinderlich sein. Der neue mRNA-basierte Kandidat (CV7201) lässt sich dagegen vollsynthetisch ohne aktiven Virus in größeren Mengen herstellen. In Proof-of-concept-Untersuchungen induzierte er eine ausreichende Immunantwort sowie die Möglichkeit zur Boosterung. Weitere Vorteile: Der Impfstoff braucht keine ständige Kühlung und er kann via nadelfreier Injektionssysteme verabreicht werden. Bis zur Marktreife dürfte es aber noch etwa zehn Jahre dauern.

Influenza

Das Ziel der Universal-Vakzine, die nicht jedes Jahr gewechselt werden muss, rückt mit einem neuen chimärischen Impfstoff in erreichbare Nähe. Dieser richtet sich einerseits gegen die variablen Kopfregionen und führt andererseits auch zur Antikörperbildung gegen die immer gleich aufgebaute untere Region (stalk-region). Solche Influenza-A-Antikörper besäßen eine Kreuzreaktivität gegen verschiedene Hämagglutinin-Subtypen des jeweiligen Heterotyps (1 oder 2). Mit jeder Impfung lässt sich so ein Basisschutz gegen alle Influenza-Typen aufbauen, der den jährlichen Wechsel irgendwann obsolet macht. Die Proof-of-concept-Untersuchungen waren bereits erfolgreich, doch bis zur Marktreife vergehen wahrscheinlich noch mindestens­ zehn Jahre, schätzt der Experte.

Quelle: 21. Forum Reisen und Gesundheit