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Typ-1-Diabetes: Betazellen durch Stuhltransplantation erhalten?

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Etwa 50 % des menschlichen Stuhls bestehen aus Bakterien. Das lange Zeit für Unrat gehalten­e Verdauungsprodukt hat sich als sehr nützlich erwiesen. Für Patienten mit 
Typ-1-Diabetes gilt: am besten „selbstgemacht“. Etwa 50 % des menschlichen Stuhls bestehen aus Bakterien. Das lange Zeit für Unrat gehalten­e Verdauungsprodukt hat sich als sehr nützlich erwiesen. Für Patienten mit Typ-1-Diabetes gilt: am besten „selbstgemacht“. © Science Photo Library/Gschmeissner, Steve
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Möglicherweise lässt sich der Untergang der insulinproduzierenden Betazellen bei Typ-1-Diabetikern mittels einer Stuhltransplantation aufhalten. Mit dem eigenen Kot scheint das besser zu funktionieren als mit Spenderfäzes.

Das Zusammenspiel zwischen Mikroben und dem angeborenen Immunsystem wirkt ganz offensichtlich bei der Pathogenese des Typ-1-Diabetes mit, erläutert ein Wissenschaftlerteam um Dr. ­Pieter de ­Groot von der Universitätsklinik Amsterdam. Die gezielte Veränderung der Darmflora mittels fäkaler Mikrobiota-Transplantation dürfte daher positive Effekte haben.

In einer randomisierten kontrollierten Studie mit 21 frisch dia­gnostizierten Typ-1-Diabetikern haben die Forscher diese Hypothese zu stützen versucht. Mit Beginn ihrer Untersuchung, nach zwei und nach vier Monaten erhielt die eine Hälfte der Patienten (Alter: 18 bis 35 Jahre) über einen Naso­duodenaltubus die eigenen Fäkalbakterien, die anderen bekamen aufgearbeitete Fäzes gesunder Spender. Die Auswirkungen der autologen bzw. allogenen Stuhltransplanatation prüften die Autoren nach sechs und nach zwölf Monaten mittels eines Mixed-Meal-Tolerance-Tests.

Positive Effekte mit Prevotella-Arten und Desulfovibrio ­piger

Wie sich zeigte, war bei den Probanden, die ihre eigenen Ausscheidungen bekommen hatten, die Konzentration des ­C-Peptids höher als bei der Gruppe mit dem allogenen Transfer. Offenbar konnte mit der eigenen Darmflora die residuale Betazellfunktion kurz nach Beginn der Autoimmunerkrankung besser erhalten werden als mit fremder.

Veränderungen bei bestimmten Plasmametaboliten, der T-Zell-Reaktivität und der intestinalen Genexpression sowie bei der Zusammensetzung der Mikrobiota wurden hingegen in beiden Gruppen beobachtet. Als Prädiktoren für den Erhalt der Betazellfunktion erwiesen sich unabhängig von der Art der fäkalen Bakterientherapie unter anderem die Zahl der ­T-Zellen und die Anwesenheit des Keims ­Desulfovibrio ­piger und bestimmter Prevotella-Spezies in Duo­denalbiopsien.

Weitreichende Schlüsse hinsichtlich der Überlegenheit der autologen Stuhltransplantation erlaube die Studie zwar nicht, merken Dr. ­Gianluca ­Ianiro und Kollegen von der Universität Rom in einem Kommentar an. Zumal die Untersuchung mangels finanzieller Unterstützung vorzeitig abgebrochen wurde. Auf jeden Fall geben die Resultate ihrer Meinung nach aber Anlass, den Transfer von Darmflora in der Therapie des Typ-1-Diabetes weiter zu erforschen und dabei die autologe Stuhltransplantation in die Überlegungen einzubeziehen.

Quellen:
1. de Groot P et al. Gut 2021; 70: 92-105; DOI: 10.1136/gutjnl-2020-322630
2. Ianiro G et al. A.a.O.; 70: 2-3; DOI: 10.1136/gutjnl-2020-323252