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Liquid Biopsy und Whole Exome Sequencing Über Möglichkeiten und Herausforderung der Methoden bei Diagnostik und Monitoring maligner Erkrankungen

DKK 2024 Autor: Dr. Claudia Schöllmann

Moderne molekulare Verfahren können dazu beitragen, klinischen Herausforderungen zu begegnen. Moderne molekulare Verfahren können dazu beitragen, klinischen Herausforderungen zu begegnen. © Thalia – stock.adobe.com
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Moderne Nachweisverfahren wie Liquid Biopsy und Whole Exome Sequencing können möglicherweise dazu beitragen, die Diagnostik und das Monitoring maligner Erkrankungen zu verbessern. Aber nicht alles, was machbar ist, ist auch sinnvoll.

ZNS-Lymphome sind aggressive extranodale Non-Hodgkin-Lymphome, die in 95 % der Fälle als DLBCL klassifiziert und üblicherweise in der Erstlinie mit einer Hochdosis-MTX-basierten Immunchemotherapie behandelt werden, erklärte PD Dr. ­Florian ­Scherer, Universitätsklinikum Freiburg.1 Goldstandard zur Identifikation dieser Lymphome seien stereotaktische neurochirurgische Biopsien gefolgt von der histopathologischen Analyse, doch gebe es in der klinischen Praxis diverse Herausforderungen. So verzögere sich die Diagnose unter einer Therapie mit Steroiden oder Thrombozytenaggregationshemmern; bei gebrechlichen Patient:innen oder Lokalisation der Läsionen in eloquenten Hirnarealen sei oft gar keine Diagnose möglich. „Wir brauchen bessere minimalinvasive Tools für die Identifikation von ZNS-Lymphomen“, so Dr. ­Scherers Folgerung. Da ZNS-Lymphome potenziell heilbar sind, diese aber in etwa 50 % der Fälle rezidivieren, wünscht er sich darüber hinaus bessere Möglichkeiten zur Risikostratifizierung.

Moderne molekulare Verfahren können laut Dr. ­Scherer dazu beitragen, beiden klinischen Herausforderungen zu begegnen. So lasse sich das einzigartige Mutationsprofil von ZNS-Lymphomen dazu nutzen, diese Malignome spezifisch zu identifizieren. Besonders geeignet sei die Mutation MYD88 L265P, die bei 65–75 % der Erkrankten vorkomme und sich via Droplet Digital PCR (ddPCR) spezifisch bestimmen lasse. Diese sensitive und zudem kosteneffektive Option sei in Einzelfällen bereits in die klinische Routine implementiert. Breit angelegte NGS-basierte Verfahren seien vermutlich noch sensitiver und besser anwendbar, benötigten jedoch eine Validierung im prospektiven Setting. Derzeit laufe die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützte ­DETECT-CLNS-Studie, die genau dies realisiere.

Auch in der Risikostratifizierung komme man voran, erklärte Dr. ­Scherer. So nutze das ultrasensitive PhasED-seq*-Verfahren mehrere somatische Mutationen in einzelnen DNA-Fragmenten, um die Empfindlichkeit des Nachweises von ctDNA via Liquid Biopsy zu verbessern. Die Plasma-ctDNA sei mittlerweile als prognostischer Biomarker etabliert, wobei das Einbeziehen weiterer (z.B. klinischer) Parameter die Risikostratifizierung noch verbessere. In den Phase-3-Studien ­OptiMATe und ­PRIMA-CNS würden die neuen Ansätze nun prospektiv validiert.

Postoperative Melanom-Rezidive früh erkennen

Auch beim malignen Melanom stelle die ctDNA-basierte Liquid Biopsy einen vielversprechenden, gleichwohl noch experimentellen Ansatz dar, erklärte PD Dr. ­Daniela ­Göppner, Universitätsklinikum Gießen.2 Prinzipiell erlaube das innovative Verfahren eine prädiktive Risikostratifizierung für Überlebensparameter sowie ein Real-Time-Monitoring anhand von Treibermutationen wie BRAF, NRAS oder GNA11 – selbst wenn eine messbare Resterkrankung vorliegt. 

Es gehe darum, mittels Liquid Biop­sy gerade auch postoperativ eine Frühdiagnostik zu ermöglichen – mit dem Ziel, die Prognose zu stratifizieren und einen Progress durch geeignete Interventionen zu vermeiden. Auch im Falle des Uvea-Melanoms sei das Verfahren grundsätzlich wirksam. Dennoch müsse festgehalten werden, dass eine Therapiestratifizierung bei Melanomen durch Liquid Biopsy derzeit „nicht nachgewiesen“ sei. Die Interpretation der erhaltenen Daten und die Umsetzung ins Alltagsgeschehen seien zudem nach wie vor anspruchsvoll.

WES beim Lungenkarzinom noch nicht reif für die Routine

Mittels Exom-Sequenzierung (WES; Whole Exome Sequencing) lassen sich alle proteinkodierenden Bereiche von Genen in einem Genom sequenzieren. Der sinnvolle Informationszugewinn ist beim Lungenkarzinom gegenüber üblichen NGS-Panels noch nicht abschließend geklärt. Wie Prof. Dr. ­Sabine ­Merkelbach-Bruse, Uniklinik Köln, berichtete, seien derzeit alle therapierelevanten genetischen Alterationen durch bereits etablierte Verfahren abgedeckt.3 Mittels WES könnten aber beispielsweise Mutationen der ESCAT-Klassen detektiert werden, deren Bedeutung im Kontext der Lunge bislang unklar sei. 

Möglicherweise könnten Patient:innen mit einer hoher Tumormutationslast > 10, komplexen Biomarkern, Keimbahnvarianten und krankheitsrelevanten Mutationssignaturen durch das neue Verfahren identifiziert werden, doch seien die Filterkriterien und Schwellenwerte derzeit noch nicht standardisiert. WES könne zudem keine Fusionsereignisse erkennen, was die Kombination mit einer RNA-Analytik erforderlich mache. Momentan handele es sich bei WES um eine „wissensgenerierende Versorgung“.

* phased variant enrichment and detection sequencing

Quellen:
1.    Scherer F. DKK 2024; Vortrag „Liquid Biopsy bei zerebralen Lymphomen“
2.    Göppner D. DKK 2024; Vortrag „Diagnostische Liquid Biopsy bei malignen Melanomen“
3.    Merkelbach-Bruse S. DKK 2024; Vortrag „Dia­gnostisches Whole Exome Sequencing bei Lungenkarzinomen“