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Herzgesund ernähren Zehn diätetische Trends auf dem Prüfstand

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Aktuell setzen viele Menschen, die Gewicht verlieren möchten, auf Paleodiäten oder die extrem kohlenhydratarme (< 10 %) bzw. ketogene Ernährung. Aktuell setzen viele Menschen, die Gewicht verlieren möchten, auf Paleodiäten oder die extrem kohlenhydratarme (< 10 %) bzw. ketogene Ernährung. © monticellllo – stock.adobe.com
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Fettfrei, vegan, mediterran oder steinzeitlich: Wer aus gesundheitlichen Gründen seine Ernährung umstellen möchte, trifft auf ein kaum überschaubares Angebot. Forscher bewerteten nun einige beliebte Ernährungsweisen hinsichtlich ihrer kardioprotektiven Wirkung.

Die American Heart Association (AHA) hat einige der gängigsten Ernährungstrends auf ihren Nutzen für die Herzgesundheit untersucht. Dafür beauftragte die Organisation eine Gruppe von Wissenschaftlern unter Leitung von Prof. Dr. ­Christopher Gardner­ von der Stanford University. Das Team teilte verschiedene Ernährungsgewohnheiten in zehn Gruppen ein und bewertete, inwiefern diese den Empfehlungen für eine herzgesunde Ernährung gemäß den AHA-Richtlinien aus dem Jahr 2021 entsprechen.

Dabei gab es Punkte für neun von zehn evidenzbasierten Kriterien aus der Richtlinie, etwa Empfehlungen wie „Essen Sie viel verschiedenes Obst und Gemüse“, „Bevorzugen Sie Vollkornprodukte“ und „Reduzieren Sie den Verzehr von Getränken und Speisen mit Zuckerzusatz“. Entscheidend war darüber hinaus, wie gut sich die Ernährungsgewohnheiten langfristig befolgen lassen – z.B., wenn man viel außer Haus essen muss.

DASH-Diät erreichte die volle Punktzahl

Lediglich die zehnte Empfehlung – sich so zu ernähren, dass man ein gesundes Gewicht halten kann – ging aufgrund des erheblichen Einflusses anderer Faktoren (z. B. Grad der körperlichen Aktivität) nicht in die Bewertung ein. Die erreichbare Gesamtpunktzahl lag zwischen 0 (= keine Übereinstimmung mit der Richtlinie) und 100 (= volle Übereinstimmung).

Die DASH-Diät (diätetischer Ansatz zum Stopp von Hypertonie) ­erfüllte alle Kriterien der AHA-Richt­linie und erhielt deshalb 100 Punkte. Sie ist reich an Gemüse, Obst und Vollkornprodukten. Proteine stammen vor allem aus pflanzlichen Quellen wie Hülsenfrüchten, Bohnen oder Nüssen. Zusätzlich sind Fisch oder Meeresfrüchte, mageres Fleisch und fettarme bzw. -freie Milchprodukte erlaubt. Auf Salz, Zucker, Alkohol, tropische Öle (d.h. Kokos- und Palmöl) sowie verarbeitete Lebensmittel soll weitestgehend verzichtet werden.

Erlaubnis für Rotwein brachte Mittelmeerkost Punktabzug

Mit einer Punktzahl von über 85 landeten auch die mediterrane Kost, die vegetarische und die pescetarische Ernährung (bei denen Eier und/oder Milchprodukte bzw. Fisch erlaubt sind) im oberen Viertel. Bei der Mittelmeerkost werden ebenfalls viel Gemüse, Obst, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen verzehrt. Weiterhin stehen vor allem Fisch und natives Olivenöl auf dem Speiseplan. Punktabzug gab es unter anderem dafür, dass der mäßige Genuss von Rotwein erlaubt ist.

Im Gegensatz zu einer vegetarischen bzw. pescetarischen Ernährungsweise schließt der Veganismus sämtliche tierische Produkte aus. Nach Ansicht des Expertengremiums erschweren diese Einschränkungen die langfristige Umsetzung, vor allem wenn man außer Haus essen möchte. Zudem kann eine rein vegane Ernährung das Risiko für einen Vitamin-B12-Mangel erhöhen. Um dem entgegenzuwirken, sollte das Vitamin gegebenenfalls supplementiert werden. Mit einer Gesamtpunktzahl von 78 wurde eine vegane Ernährungsweise dennoch gleich hoch bewertet wie die fettreduzierte Ernährungsweise.

Das Problem bei den meisten fettarmen Diäten ist allerdings, dass sie nicht zwischen verschiedenen Fett­arten unterscheiden. Das steht nicht im Einklang mit der Empfehlung, gesättigte Fette durch gesündere (einfach und mehrfach ungesättigte) Varianten zu ersetzen. Durch den Verzicht auf Fette droht generell ein verstärkter Verzehr ungesunder Kohlenhydrate. Ein weiteres Problem bei fettarmen wie auch veganen Ernährungsplänen: Ohne Aufklärung und Beratung besteht die Gefahr, dass sie zum vermehrten Konsum von Fertigprodukten führen.

Noch weiter hinten landeten mit 72 Punkten eine extrem fettarme Ernährung (< 10 % der Gesamtkalorien) und mit nur 64 Punkten eine kohlenhydratarme Ernährung (30–40 % der Gesamtkalorien). Punktabzug gab es dabei vor allem für den Ausschluss von Nüssen und gesunden Pflanzenölen bzw. von Obst, Getreide und Hülsenfrüchten. Bei kohlenhydratarmer Kost droht zudem ein vermehrter Konsum gesättigter Fette durch tierische Produkte.

Aktuell setzen viele Menschen, die Gewicht verlieren möchten, auf Paleodiäten oder die extrem kohlenhydratarme (< 10 %) bzw. ketogene Ernährung. Dies scheint – zumindest kurzfristig – auch erfolgversprechend zu sein. Kritisch sieht das Expertengremium aber vor allem die schlechte Umsetzbarkeit und die extremen Einschränkungen. Beide Ernährungsformen wurden mit weniger als 55 Punkten bewertet, da sie kaum mit den AHA-Richtlinien in Einklang stehen.

Steinzeitdiät schließt herzgesunde Lebensmittel aus

Bei sogenannten Paleodiäten darf man nur essen, was vermeintlich schon in der Steinzeit verfügbar war. Das schließt Vollkornprodukte, raffiniertes Getreide, Hülsenfrüchte, Öle und Milchprodukte aus. Diese Lebensmittelgruppen gehören jedoch gemäß AHA-Richtlinien auf einen herzgesunden Speiseplan. Bei einer extrem kohlenhydratarmen oder ketogenen Ernährungsweise sehen die Experten ein weiteres Problem: Der hohe Konsum von gesättigten Fettsäuren und der niedrige Ballaststoff­gehalt werden mit der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht.

Auch wenn jemand auf dem Papier einem der gesünderen Ernährungsmuster folgt, sei damit aber noch nicht alles im Lot, geben die Studienautoren zu bedenken. Denn die meisten Ernährungsphilosophien lassen genug Spielraum für eine gesundheitlich eher günstige oder ungünstig Auslegungen der Vorgaben. Zudem können Fehlinformationen oder eine zu starke Vereinfachung der Vorschriften dazu führen, dass die Ernährung am Ende doch wieder ungesünder ausfällt als gedacht.

Quelle: Gardner GD et al. Circulation 2023; DOI: 10.1161/CIR.0000000000001146