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COVID-19: Schlechte Blutzuckereinstellung bei Diabetes Typ 2 als Risikofaktor?

Autor: Dr. Judith Lorenz

Mit stabiler Glykämie verläuft COVID-19 wohl etwas besser. Mit stabiler Glykämie verläuft COVID-19 wohl etwas besser. © iStock/wildpixel
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Diabetes kann ein Risiko für einen schweren Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion sein. Wie die Erkrankung verläuft, scheint von der Qualität der Blutzuckereinstellung abzuhängen, wie Ergebnisse einer chinesischen Studie andeuten.

Gegenwärtig treffen zwei große Pandemien – die Diabetes- und die Coronapandemie – aufeinander, so ein Forscherteam um Dr. Lihua Zhu von der Universität Wuhan: Diabetes Typ 2 stellt aktuell die zweithäufigste Begleiterkrankung von mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten dar. Um zu klären, inwiefern die Blutzuckerkontrolle die Prognose von an COVID-19 erkrankten Typ-2-Diabetespatienten beeinflusst, werteten die Wissenschaftler Daten von 7337 Infizierten im Alter zwischen 18 und 75 Jahren aus, die in 19 Kliniken der Provinz Hubei behandelt worden waren.

952 Personen (13 %) litten an einem Typ-2-Diabetes. Patienten mit schweren Komorbiditäten (z.B. akuter Myokardinfarkt, akute Lungenembolie, schwere Niereninsuffizienz, Leberzirrhose) waren von der Analyse ausgeschlossen. Das mediane Alter der Diabetespatienten und der Vergleichspersonen betrug 62 bzw. 53 Jahre. Diabetespatienten litten häufiger an einem Hypertonus, einer koronaren Herzkrankheit oder einer Nierenfunktionsstörung und waren häufiger zerebrovaskulär vorbelastet.

Häufigere intensivmedizinische Interventionen bei Diabetes

Die Auswertung der Behandlungsdaten ergab: Patienten mit einem vorbestehenden Typ-2-Diabetes benötigten im Vergleich zur Kon­trollgruppe signifikant häufiger intensivmedizinische Interventionen. Hierzu zählten neben der Behandlung mit Antibiotika, Antimykotika, Steroiden, Immunglobulinen, Antihypertensiva und Vasoaktiva auch die Sauerstoffvorlage sowie die nicht-invasive und invasive Beatmung.

Trotz dieser Therapiemaßnahmen starben deutlich mehr Diabetespatienten während der Klinikbehandlung: Ihre Mortalitätsrate während der 28-tägigen Beobachtungszeit betrug 7,8 %, die der Kontrollen dagegen nur 2,7 % (p < 0,001), was – bei Adjustierung bezüglich des Alters, des Geschlechts, der Kliniklage sowie des COVID-19-Schweregrads – einer Zunahme der Sterblichkeit um den Faktor 1,49 entspricht. Die Blutzuckererkrankung stellte dabei einen signifikanten Risikofaktor für ein akutes Lungen- oder Nierenversagen sowie für einen septischen Schock dar.

Im nächsten Schritt der Analyse verglichen die Forscher die Typ-2-Diabetespatienten untereinander unter dem Gesichtspunkt der Blutzucker­einstellung: 282 Personen wiesen eine gute (Blutzuckervariabilität 3,9 bis 10,0 mmol/l) und 528 eine schlechte (Blutzuckervariabilität 3,9 bis > 10 mmol/l) glykämische Kontrolle auf.

Die gut eingestellten Patienten benötigten deutlich seltener intensivmedizinische Behandlungen, beispielsweise Pharmakotherapien, eine Beatmung oder eine extrakorporale Membranoxygenierung. Zudem wiesen sie eine signifikant geringere Klinikmortalität auf (1,1 % vs. 11,0 %), was – bei Adjustierung bezüglich des Alters, des Geschlechts, des COVID-19-Schweregrads, der Komorbiditäten sowie der Kliniklage – einer Risikoreduktion um 87 % entspricht. Eine gute Blutzuckereinstellung schützte ferner vor einem akuten Lungenversagen sowie vor einem akuten Herzmuskelschaden.

Patienten mit Diabetes Typ 2 haben überproportional häufig einen schweren COVID-19-Verlauf, schlussfolgern die Wissenschaftler. Patienten, deren Blutzucker in einem Konzentrationsbereich zwischen 3,9 und 10,0 mmol/l gehalten werden kann, überstehen ihrer Einschätzung zufolge allerdings die Infektion besser als Patienten mit schlechterer glyk­ämischer Kontrolle.

Quelle: Zhu L et al. Cell Metab 2020; DOI: 10.1016/j.cmet.2020.04.021