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Clinician Scientist Dr. Antonia Schubert, Uniklinikum/DKFZ Heidelberg, erzählt aus ihrem Alltag

Autor: Dr. Judith Besseling

Wie viel Zeit ein Arzt oder eine Ärztin mit Patient:innen bzw. im Labor verbringt, kann sehr unterschiedlich sein: Von 100 % für eine Stelle bis zu einer Verteilung von z.B. 80 % zu 20 % ist vieles möglich. Wie viel Zeit ein Arzt oder eine Ärztin mit Patient:innen bzw. im Labor verbringt, kann sehr unterschiedlich sein: Von 100 % für eine Stelle bis zu einer Verteilung von z.B. 80 % zu 20 % ist vieles möglich. © iStock/exdez
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Neben der Versorgung von Patient:innen, widmen sich einige Ärzt:innen auch der Forschung. Neudeutsch spricht man dann vom Clinician Scientist. „Eigentlich ist die Tätigkeit nicht neu, sie ist nur etwas in Vergessenheit geraten“, betont Dr. Antonia Schubert, Heidelberg. Sie verriet uns im Podcast „O-Ton Onkologie“, warum es sich ihrer Meinung nach lohnt, die zwei Welten zu kombinieren.

Wirft man einen Blick in die deutschen Labore, die sich mit medizinischer Forschung beschäftigen, findet man dort hauptsächlich Personen mit naturwissenschaftlicher Ausbildung. Ein Grund: Für Medizinerinnen und Mediziner, die in der Versorgung von Patient:innen tätig sind, ist es häufig schwierig, die Arbeit in Klinik und Labor unter einen Hut zu bekommen. „Es ist wichtig – gerade auch am Anfang der Karriere –, dass man sich für eine bestimmte Zeit wirklich auf die Forschungsarbeit konzen­trieren kann“, betont Dr. Antonia Schubert, die sowohl am Nationalen Centrum für Tumor­erkrankungen als auch am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg beschäftigt ist. Ihr selbst wurde eine Freistellung unter anderem durch die Förderung des Clinician-Scientist-Programms des DKFZ ermöglicht. „So konnte ich mich voll und ganz auf meine Forschungstätigkeit konzentrieren und mich in mein Forschungsthema einarbeiten.“ 

Back to the roots

Die drei Säulen der universitären Medizin setzen sich zusammen aus: 

  • klinischer Versorgung
  • Lehre
  • Wissenschaft

„Aufgrund der Verdichtung des klinischen Alltags und der zunehmenden Patient:innenversorgung war das in den letzten Jahren kaum möglich, sodass sowohl die Lehre als auch die wissenschaftliche Tätigkeit hinten runtergefallen sind“, gibt Dr. Schubert zu bedenken. Die Tätigkeit, die durch den Begriff des Clinician Scientists beschrieben wird, sei also in dem Sinne nichts Neues. Sie werde aber neu geprägt und im Rahmen der Clinician-Scientist-Programme zu neuem Leben erweckt.

Programme sollen fester Förderbestandteil werden

Immer mehr junge Mediziner:innen, die sich auch in der Forschung engagieren wollen, werden auf diese Weise unterstützt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat beispielsweise im letzten Jahr zum zweiten Mal die Förderung von Clinician-Scientist-Programmen in der Universitätsmedizin ausgeschrieben. Das soll die Vereinbarkeit klinischer und wissenschaftlicher Tätigkeiten von Ärzt:innen während der Facharztweiterbildung verbessern. Die DFG sieht vor, dass die Programme nach Ablauf der fünfjährigen Förderungsphase dauerhaft in der Universitätsmedizin verankert werden. Und das Konzept geht auf: Googelt man nach dem Schlagwort „Clinician Scientist“, finden sich auf den Webseiten fast aller größeren deutschen Universitäten Informationen zu den Möglichkeiten, Nachwuchskräfte auf ihrem dualen Weg zu unterstützen.

Wie Dr. Schubert berichtet, ist die Arbeitsverteilung zwischen Klinik und Labor nicht immer strikt getrennt. Nachdem ihr erstes Clinician-Scientist-Programm am DKFZ ausgelaufen war, hat sie ihre Ausbildung zur Fachärztin am NCT weitergeführt. Um das Forschungsprojekt nicht komplett ruhen zu lassen, hat sie zwischenzeitlich 80 % ihrer Zeit Patient:innen betreut und 20 % im Labor verbracht. Kolleg:innen haben sie in dieser Phase bei der Forschungsarbeit unterstützt, aber das reicht nicht immer aus. „Im Zweifelsfall habe ich dann selbst noch die Pipette geschwungen“, erzählt die junge Ärztin. 

Pluspunkt interdisziplinäre Kooperationen

Im Labor arbeiten Menschen mit naturwissenschaftlichem sowie medizinischem Hintergrund eng zusammen. An manchen Punkten sei es von Vorteil, wenn sich die eine oder andere Fachrichtung mit ihrem speziellen Wissen einbringen kann, um das Forschungsprojekt in die richtige Richtung zu lenken. „In gewisser Weise ist der Blick einer Medizinerin oder eines Mediziners manchmal notwendig, um etwa zu sagen: Das könnte für eine frühe Dia­gnostik oder die Therapie­optimierung genutzt werden“, verdeut­licht Dr. Schubert. Wie sie schmunzelnd zugibt, sind Mediziner:innen eher ungeduldig – auch im Labor. Naturwissen­schaftler:innen seien es dagegen meist gewohnt, dass Projekte längerfristig vorangetrieben werden müssen. „Dabei hilft auch das große interdisziplinäre Team.

Experimentelle Doktorarbeit als Schnupperkurs

Um sich für oder gegen den Karriereweg des Clinician Scientist zu entscheiden, findet Dr. Schubert es hilfreich, eine experimentelle Doktorarbeit zu absolvieren: „Nur dann kann man auch abschätzen, ob man die Arbeit wirklich praktisch machen möchte.“ Ob es direkt nach dem Studium mit dem Programm losgehen soll oder erst nach einigen Rotationen bzw. am Ende der Facharztausbildung, sei projekt- und typ­abhängig. Für sich selbst zieht Dr. Schubert ein sehr positives Fazit über die Entscheidung zum Clinician Scientist. „Ich habe so viel gelernt, nicht nur bezüglich wissenschaftlichen Arbeitens, sondern auch was Projekt- oder Zeitmanangement angeht sowie die Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen.“ 

Ist das Clinician-Scientist-Programm dann geschafft, sind die weiteren Karrierewege sehr vielfältig. Manche gehen zurück in die Klinik, andere bleiben voll und ganz in der Forschung. Aber auch der duale Weg ist machbar: Eine Anschlussförderung für Advanced Clinician Scientists ist mittlerweile an immer mehr Universitäten möglich, wie Dr. Schubert informiert.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

Dr. Antonia Schubert, Universitätsklinikum und DKFZ Heidelberg Dr. Antonia Schubert, Universitätsklinikum und DKFZ Heidelberg © zVg