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Dürftige Studienlage FeNO beim Asthma bronchiale sinnvoll?

Autor: Manuela Arand

FeNO bietet viele Vorteile, vor allem in Situationen, in denen eine bronchiale Provokation nicht möglich ist. FeNO bietet viele Vorteile, vor allem in Situationen, in denen eine bronchiale Provokation nicht möglich ist. © iStock/Neustockimages
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Der Nutzen von FeNO in der Diagnostik des Asthma bronchiale wird kontrovers diskutiert. Hohe Messwerte helfen, den Verdacht zu sichern, doch niedrige schließen ein Asthma nicht aus.

FeNO ist kein perfekter Biomarker fürs Asthma, aber er hilft uns in der Praxis“, befand Dr. Iñigo Ojanguren Arranz, Universität Barcelona. Sein Kollege von der Universität Lüttich, Prof. Dr. Renaud Louis, führte dagegen die mangelnde Trennschärfe des Parameters aufgrund der starken Überlappung pathologischer und normaler Befundbereiche ins Feld. Auch sonst könne die Datenlage nicht wirklich überzeugen.

Ja, die Studien lassen zu wünschen übrig, räumte der spanische Kollege ein. Unter den rund 25 brauchbaren Arbeiten, die PubMed zu den Stichwörtern Asthma + FeNO + Diagnose ausspuckt, befindet sich keine einzige prospektive Arbeit. Zudem stammen alle aus der Sekundärversorgung. Immerhin waren sie aber methodisch gut vergleichbar – alle schlossen Patienten mit asthmatypischen Symptomen ein und prüften die Aussagekraft von FeNO anhand der Reversibilität der Atemwegsobstruktion. Dies erlaubte einen systematischen Review nach Cochrane-Methodik.1

Danach beträgt die Spezifität von FeNO fürs Asthma 82 %, die Sensitivität aber nur um 65 % – abhängig vom Messsystem wechselt sie zudem. Die Cochrane-Autoren kamen zu dem Schluss, dass die Bestätigung der Verdachtsdiagnose mit FeNO möglich sei, nicht aber der Ausschluss. Einen „blinden Fleck“ gibt es beim Asthma ohne Eosinophilie, bei dem FeNO nicht oder nur mäßig erhöht ist. Außerdem beeinflussen Rauchen, Infektionen und Atopien das Ergebnis.

Stichwort Stickoxid

Als lipophiles Gas diffundiert NO leicht durch Membranen und fungiert als Botenstoff, der eine wichtige Rolle in der Physiologie vieler Organe spielt, darunter die Lunge. Es ist aber auch an der Pathophysiologie vieler Erkrankungen beteiligt, so beim Asthma, bei dem es z.B. nach Allergenexposition unter Einfluss von IL-4/IL-13 in großer Menge freigesetzt wird. Diese Mechanismen sind im Gegensatz zur „gesunden“ NO-Freisetzung steroid­sensibel, was erklärt, warum sich NO im Exhalat (FeNO) gut als Prädiktor der ICS-Response eignet.

Nützlicher Parameter bei steroidnaiven Nichtrauchern

Eine weitere Metaanalyse, die Schlüsselstudien nach QUADAS**-Kriterien zur Abschätzung eines Bias auswählte, kam zu ähnlichen Resultaten (Spezifität 78 %, Sensitivität 72 %) und dem Fazit, FeNO sei nützlich, um Asthma bei steroidnaiven Nichtrauchern zu diagnostizieren.2 Schön und gut, FeNO spiegelt die Inflammation in den Atemwegen wider, „aber Inflammation ist nicht alles beim Asthma“, betonte Prof. Louis und verwies auf die immer weiter verfeinerten Asthmadefinitionen, z.B. die der GINA. Diese berücksichtigt zwar auch, dass für gewöhnlich, aber eben nicht immer, eine Entzündung in den Atemwegen schwelt. Sie hebt jedoch stark auf die Symptome und die Atemwegsobs­truktion ab und führt verschiedene Phänotypen auf. Für Prof. Louis ist auch die fehlende Sensitivität ein Grund, FeNO als einen Marker mit Mängeln zu betrachten. In einer Studie mit 702 eigenen Patienten, davon 349 mit einer im Reversibilitätstest bestätigten Asthmadiagnose, haben die Belgier den Wert verschiedener Biomarker retrospektiv analysiert.3 FeNO schnitt dabei schlechter ab als die FEV1. „Warum nicht zurück zu den Symptomen?“, fragte Prof. Louis und zeigte Ergebnisse einer prospektiven Studie mit 177 therapienaiven Patienten mit Asthmaverdacht.4 Danach trägt die einfache Frage nach Giemen mehr zur Diagnose bei als jeder messbare Biomarker inklusive FeNO. Mehr noch, die Biomarker verbesserten die Treffgenauigkeit nicht einmal, wenn sie zusätzlich zur Symptomabfrage gemessen wurden. FeNO bietet viele Vorteile, vor allem in Situationen, in denen eine bronchiale Provokation nicht möglich ist, argumentierte Dr. Ojanguren Arranz. Die Messung ist einfach durchzuführen, ohne dem Patienten viel abzuverlangen, sie kostet wenig Zeit und Geld. Die Wahrscheinlichkeit, es tatsächlich mit Asthma zu tun zu haben, steigt mit dem NO-Gehalt des Exhalats. Ab einer Schwelle von 50 ppb steigt auch die Spezifität auf über 90 %. „Ja, es gibt Confounder, aber sollten die uns wirklich davon abhalten, uns FeNO in der Asthmadiagnostik zunutze zu machen?“, meinte Dr. Ojanguren Arranz. Andere Methoden würden ebenfalls falsch positive und falsch negative Ergebnisse erzeugen, und wenn sich der Arzt die Einflüsse von Rauchen, ICS und Infektion bewusst mache, sollte der Anteil bei FeNO nicht übermäßig groß ausfallen. FeNO ist vor allem geeignet, Patienten zu phänotypisieren und die Therapieresponse vorherzusagen, befand Prof. Louis. Der Marker korrespondiert mit der Eosinophilie und dem ICS-Ansprechen. Als diagnostisches Tool lässt seine Leistungsfähigkeit dagegen zu wünschen übrig – zu ungenau, zu sehr durch andere Faktoren beeinflusst.

Der optimale Cut-off

Es gibt keinen idealen Grenzwert für FeNO. Für Nichtraucher dürfte er zwischen 40 und 50 ppb liegen, aber Rauchen senkt die Messwerte erheblich und jeder fünfte Asthma­kranke raucht. Trotzdem lässt sich sagen, dass auch ein Raucher umso wahrscheinlicher von der Behandlung mit einem ICS profitieren wird, je höher sein FeNO ist. Übrigens sinkt der Spiegel nach Spirometrie um bis zu 20 %, weshalb FeNO immer vor der Lungenfunktion gemessen werden sollte. Nach ICS-Absetzen sollte man sich mindestens eine, besser zwei Wochen Zeit lassen bis zur Messung, damit sich der Spiegel erholen kann.

Exazerbationsrisiko am FeNO ablesen

Der wahre Nutzen von FeNO liegt in der Prädiktion des Exazerbationsrisikos, vor allem in Kombination mit der Eosinohilenzahl im Blut, ergänzte Prof. Dr. Ian Pavord, Universität Oxford. „Patienten mit mehr als 50 ppb FeNO und mehr als 300 Zellen/µl haben ein vierfach erhöhtes Exazerbationsrisiko“, so der britische Pneumologe. „Für mich sind FeNO und Eos das Cholesterin und der Blutdruck der Atemwege.“ Quellen:
1. Karrasch S et al. Thorax 2016; 72: 109-116; DOI: 10.1136/thoraxjnl-2016-208704
2. Guo Z et al. J Asthma 2016; 53: 404-412; DOI: 10.3109/02770903.2015.1101132
3. Nekoee H et al. ERJ Open Res 2020; DOI: 10.1183/23120541.00169-2020
4. Louis G et al. ERS* International Congress 2021 – virtual, ePoster
* European Respiratory Society
** Quality Assessment of Diagnostic Accuracy Studies included in Systematic Reviews