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Junge Leistungssportler sollten regelmäßig zum 12-Kanal-Ruhe-EKG

Autor: Dr. Daniela Erhard

Um mögliche Herzerkrankungen frühzeitig zu entdecken, lohnt es sich, regelmäßig ein EKG zu machen. Um mögliche Herzerkrankungen frühzeitig zu entdecken, lohnt es sich, regelmäßig ein EKG zu machen. © Cherries – stock.adobe.com
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Plötzlicher Herztod bei jungen Athleten ist selten, kommt aber vor. Ein Ruhe-EKG bietet gute Chancen, potenziell lebensbedrohliche Herzerkrankungen beim sportmedizinischen Check-up frühzeitig zu entdecken.

Ab einem Alter von 12–14 Jahren sollten Kinder und Jugendliche, die Sport auf Wettkampfniveau betreiben, mindestens alle zwei Jahre zum 12-Kanal-Ruhe-EKG. Das rät die Arbeitsgemeinschaft Herzkreislauf­erkrankungen der Gesellschaft für Pädiatrische Sportmedizin (GPS) und schließt sich damit den Empfehlungen aus Leitlinien europäischer kardiologischer Fachgesellschaften an.

Die Experten um den Fuldaer Kinderkardiologen Dr. Jannos­ Siaplaouras­ betonen in einer Stellungnahme, dass ein EKG auch bei symptomfreien Athleten Herzkreislauferkrankungen aufdecken kann, die zum plötzlichen Herztod führen können. Dies ist insofern relevant, als in bis zu vier von fünf Fällen im Vorfeld des Ereignisses sonst keinerlei Anzeichen der Erkrankung erkennbar sind. Treten doch Symptome auf, sind diese zudem häufig unspezifisch.

Aktuell besteht der sportmedizinische Basis-Check hierzulande aus einer standardisierten Anamnese und körperlichen Untersuchung. Ein EKG-Screening ist kein Muss. Studien zeigen jedoch, dass der Aussagewert einer solchen eingeschränkten Untersuchung im Hinblick auf relevante kardiale Fehlfunktionen limitiert ist und ein ergänzendes EKG die Sensitivität von 19 auf fast 88 %, die Spezifität von 68 auf nahezu 98 % und den positiven Vorhersagewert von 0,3 auf knapp 14 % steigert. Das reduziert sowohl die Gefahr, sich in falscher Sicherheit zu wiegen, als auch Verunsicherungen oder gar Sportverbote aufgrund fälschlich angenommener Erkrankungen.

Beurteilung der Ergebnisse einem Profi überlassen

Gerade die falsch positiven Ergebnisse beim EKG sind in der Beurteilung jugendlicher Athleten besonders von Bedeutung. Abhängig vom Befund zeigen 8 bis 36 % aller untersuchten Sportler Auffälligkeiten. Diese müssen jedoch nicht pathologisch sein, sondern können je nach Alter, Ethnie und Trainingszustand variieren. Aktuelle Empfehlungen berücksichtigen daher trainingsbedingte Anpassungen und teilen die Ergebnisse in „normal“ für Athleten, „grenzwertig“ und „abnorm“ ein. Erst wenn mindestens zwei grenzwertige oder mindestens ein abnormer Befund vorliegen, sollten weiterführende Untersuchungen folgen.

So gelten beispielsweise juve­nile T-Negativierungen in V1–V3 bei Jugendlichen unter 16 Jahren oder in V1–V4 bei Sportlern afrikanischer Herkunft als normal. In anderen Fällen müssen T-Wellen-Inversionen ≥ 1 mm in zwei oder mehr zusammenhängenden Ableitungen (außer in aVR, III und V1) direkt abgeklärt werden. Zu den grenzwertigen Befunden gehören Achsenabweichungen nach links oder rechts, eine links- oder rechtsatriale Vergrößerung sowie ein kompletter Rechtsschenkelblock.

Mithilfe dieser überarbeiteten sogenannten Seattle-Kriterien lässt sich die Rate „abnormer“ EKG-Befunde auf 1,4 % halbieren. Da die Beurteilung der Ergebnisse nicht trivial ist, muss sie nach Ansicht der GPS-Experten aber unbedingt ein Fachkollege in pädiatrischer Sportmedizin vornehmen.

Quelle: Siaplaouras J et al. Monatsschr Kinderheilkd 2019; 167: 1157-1161; DOI: 10.1007/s00112-019-00796-9