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Sport Kardiologisches Screening kann das Risiko für plötzlichen Herztod minimieren

DGIM 2023 Autor: Dr. Angelika Bischoff

Das kardiologische Screening von Athleten zielt darauf ab, das Risiko für tödliche Ereignisse zu erfassen. Das kardiologische Screening von Athleten zielt darauf ab, das Risiko für tödliche Ereignisse zu erfassen. © H_Ko – stock.adobe.com
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Immer wieder gehen Nachrichten von Profisportlern durch die Presse, die im Wettkampf plötzlich tot umgefallen sind. Ein kardiologisches Screening kann Arrhythmierisiken aufdecken und so manches Sportlerleben retten.

Die häufigste medizinische Todesursache von Sportlern ist der plötzliche Herztod. Gegenüber Nicht-Sportlern ist das Risiko für Athleten um das 2,8-Fache erhöht. Bei unter 35-Jährigen tritt er mit einer Inzidenz von 0,2–3 pro 100.000/Jahr auf. Männer sind etwa achtmal häufiger betroffen als Frauen – Tendenz steigend. Zugrunde liegen bei jungen Sportlern häufig eine arrhythmogene RV-Dysplasie oder eine hypertrophe Kardiomyopathie (HCM). Weitere Ursachen sind beispielsweise Anomalien der Koronararterien, das Long-QT-Syndrom und die Myokarditis.

Das kardiologische Screening von Athleten zielt darauf ab, das Risiko für tödliche Ereignisse zu erfassen, sagte PD Dr. ­Felix ­Post, Klinikum Koblenz-Montabaur. Im Profi­bereich geschehe dies primär, weil es um Geld und Fernsehbilder gehe. Denn nichts sei schlimmer als ein Fußballspieler, der auf dem Rasen zusammenbricht, und alle Fernsehsender sind live dabei! Um dies zu vermeiden, werden Profifußballer der Bundesliga generell mittels Echokardiografie gescreent, Spieler der Regionalliga dagegen nicht. Denn diese Spiele werden nicht übertragen, mutmaßte der Referent.

Die Empfehlungen dazu, wie ein Sportlerscreening auszusehen hat, sind aufgrund mangelnder solider Evidenz sehr heterogen. Da das Risiko für verschiedene Sportarten durchaus unterschiedlich ist, hält Dr. Post ein gleichartiges Screening für alle auch gar nicht für sinnvoll. Marathonläufer müsse man sicherlich anders screenen als Extrembergsteiger oder Kugelstoßer.

Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin empfiehlt bei Sportlern < 35 Jahren eine Anamnese, eine klinische Untersuchung und ein Ruhe-EKG. Wenn Risiken oder Beschwerden bestehen, sollte auch ein Belastungs-EKG, in einigen Fällen zusätzlich eine Echokardio­grafie durchgeführt werden. Dr. Post favorisiert im Rahmen seines Screeningprogramms die Echokardiografie, setzt gerne die Spirometrie ein und veranlasst einige Laboruntersuchungen (BNP, Vitamin D und Transferrinsättigung). Eine alleinige Anamnese genügt nach Einschätzung des Referenten nicht, um relevante Probleme aufzudecken. Von Marathonläufern, die auf der Strecke gestorben sind, hatten 80 % vorher keine Symptome oder kardialen Vorerkrankungen, berichtete er.

Bei der Befundung eines Sportler-EKG müssen einige Besonderheiten berücksichtigt werden. Denn EKG-Befunde, die bei anderen Menschen als auffällig gelten, sind bei ihnen normal. Dazu gehören ein AV-Block 2. Grades Typ 1, ein inkompletter Rechtsschenkelblock und Extra­systolen in Ruhe. Pathologisch sind bei Sportlern hingegen:

  • T-Wellen-Inversion
  • ST-Senkung
  • kompletter Linksschenkelblock
  • QRS-Komplex von mehr als 140 msec Dauer
  • verlängertes QT-Intervall
  • AV-Block 2. Grades Typ 2
  • AV-Block 3. Grades
  • atriale und ventrikuläre Arrhythmien

Die Kosteneffektivität eines Sportler-Screenings wird immer wieder infrage gestellt, monierte Dr. Post. Einige Autoren bezweifeln sogar, dass ein Screening tatsächlich Leben retten kann. Doch gibt es Studien, die das Gegenteil belegen: Eine Untersuchung aus Italien hat Sportler zwischen 12 und 35 Jahren mit gleichaltrigen Nicht-Sportlern verglichen. Zwischen 1979 und 2004 erlitten insgesamt 265 Sportler und 55 Nicht-Sportler einen plötzlichen Herztod. Nachdem für Aktive im Sportverein ein verpflichtendes Screening mittels 12-Kanal-EKG eingeführt worden war, fiel die Mortalität unter den Athleten um 89 % von 3,6 auf 0,4 pro 100.000/Jahr. Bei den Nicht-Sportlern änderte sich durch das Screening nichts. 

Dass Screenings auf vielfache Weise Leben retten können, zeigt das Beispiel des Profi-Fußballers Gerald Asamoah. Bei ihm war 1998 im Rahmen der Abklärung von Kreislaufproblemen eine hypertroph-ob­struktive Kardiomyopathie festgestellt worden. Dessen ungeachtet klagte Asamoah sein Recht ein, weiterspielen zu dürfen. Dies tat er fortan auf eigenes Risiko unter der Voraussetzung, dass bei Wettkämpfen und im Training immer ein Defibrillator bereit steht. Dieser hat tatsächlich insgesamt zwei Leben gerettet – das eines Mannschaftsbetreuers und das eines Fitnesstrainers. Asamoah selbst brauchte seinen potenziellen Lebensretter bisher nicht. 

Kongressbericht: 129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin