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Mit Endoprothese bleiben Rheumapatienten länger mobil

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Dass sich die Prothese irgendwann lockert, ist ganz normal. Meist geschieht das rund 15–20 Jahre nach dem Einsetzen. Dass sich die Prothese irgendwann lockert, ist ganz normal. Meist geschieht das rund 15–20 Jahre nach dem Einsetzen. © Scienceo Photo Library/Marazzi, Dr. P.
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Die rheumatoide Arthritis kann ein Hüftgelenk in wenigen Monaten zerstören. Um nicht im Rollstuhl zu landen­, brauchen Betroffene unter Umständen schon in jungen Jahren­ eine Endoprothese. Allerdings sollte bei der Entscheidung das erhöhte Komplikationsrisiko beachtet werden.

Die operativen Möglichkeiten bei rheumatischen Gelenkschäden reichen von der einfachen Schlittenprothese am Kniegelenk bis zum Ersatz des gesamten Femurs. Wenn möglich, sollte primär knochensparend operiert werden, zumal gerade im jüngeren Alter ein mehrfacher Wechsel einzukalkulieren ist. Auch Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen dürfen eine Hüft­endoprothese mit kurzem Schaft erhalten­.

Am Knie reicht mitunter eine Oberflächenendoprothese

Dies gilt vor allem für den häufigsten Destruktionstyp, die postarthritische Arthrose. Einbußen bei der Standzeit sind nicht zu befürchten, versicherte Dr. Ludwig­ Bause­ von der Klinik für Rheumaorthopädie am St. Josef-Stift in Sendenhorst. Bei ausgedehnten Nekrosen oder schwerer Osteoporose bevorzugt er die zementierte Implantation eines Gelenkersatzes mit längerem Schaft. Am Knie genügt bei rechtzeitiger Diagnose eine kleine knochensparende Oberflächenendoprothese. Nicht so, wenn der Gelenkschaden zu spät erkannt wurde und das Kollateralband seine Stabilität bereits verloren hat. In diesen Fällen braucht der Patient eine gekoppelte Endoprothese, die man mit Stielen verankert und die wesentlich mehr Knochensubstanz kostet.

Rheumakranke anfälliger für periprothetische Infektionen

Häufigster Grund für einen Revisionseingriff ist die aseptische Lockerung, die etwa nach 15–20 Jahren eintritt. Ausgelöst wird sie durch mechanischen Verschleiß und eine entzündliche Reaktion auf Abriebpartikel im Gelenk. Das inflammatorische Gewebe wächst zwischen Endoprothese und Knochen. Mit regelmäßigen Röntgenkontrollen lässt sich die fehlende Festigkeit frühzeitig erkennen. Dann braucht es z.B. am Hüftgelenk nur ein neues Inlay, die Metallteile bleiben in Position. Am Kniegelenk kann sich das Femurschild unbemerkt in das Tibiaplateau einfräsen mit entsprechender Metallose, die einen Wechsel­ der gesamten Endoprothese erfordert­.

Ab in die Biologikapause

Zur Prävention von Gelenkinfektionen rät Dr. Bause, die Basistherapie mit Biologika perioperativ zu pausieren. Als Zeitraum nennt der Münchner Rheumatologe Professor Dr. Klaus Krüger zwei Halbwertszeiten bzw. ein Dosierungsintervall vor dem Eingriff. JAK-Inhibitoren sollten eine Woche vor der Operation abgesetzt werden.1 Sieben Tage nach der Wundheilung können beide Substanzgruppen wieder angesetzt werden. Die Behandlung mit Methotrexat sollte perioperativ fortgeführt werden.

1. Krüger K. Z Rheumatol 2017; 76: 767-775; DOI: 10.1007/s00393-017-0379-0

Auch periprothetische Infektionen treten bei Patienten mit rheumatischer Grunderkrankung vermehrt auf. Frühe Formen manifestieren sich innerhalb von sechs Wochen nach dem Eingriff und werden meist perioperativ erworben. Späte entstehen durch hämatogene Streuung, etwa einen Vorfußinfekt. Lange übersehen oder als aseptische Lockerung fehlgedeutet werden die sogenannten Schleichinfekte, erklärte der Referent. Wegen der geringfügigen Symptome – weder Rötung noch erhöhte Entzündungsmarker – lassen sie sich als solche kaum erkennen. Auch die vorwiegend chronischen statt akuten Schmerzen können in die falsche Richtung weisen. Niedrigvirulente Erreger lösen die schleichenden Infektionen aus. Dabei bilden die Bakterien auf der Oberfläche der Endoprothese einen Biofilm, aus dem sie sich weder mit Antibiotika noch mechanisch entfernen lassen. Mikroben schwemmen kontinuierlich aus und induzieren so eine chronische Gelenkentzündung mit nachfolgender Lockerung.

Infizierter Gelenkersatz wird in zwei Schritten ausgetauscht

Die Diagnose wird mikrobiologisch und histologisch anhand von Gelenkpunktionen gestellt. Um keinen Infekt zu übersehen, sollten diese im Zweifel großzügig wiederholt werden, forderte Dr. Bause. Außerdem gab er zu bedenken, dass auch akute Gelenkinfektionen unter einer TNF-α-Blockade oligo- oder asymptomatisch verlaufen können. Die Entzündungsparameter müssen dabei nicht erhöht sein. Infizierte Endoprothesen werden in der Regel zweizeitig gewechselt: Nach der Explantation erhält der Patient für sechs Wochen einen mit Antibiotika beladenen Zementplatzhalter. Zusätzlich erfolgt eine systemische Behandlung nach Resistogramm. Wenn der Erreger bekannt und einer Antibiotikatherapie gut zugänglich ist, kann im Einzelfall auch ein einzeitiger Austausch erfolgen.

Gefährlicher Prothesenwechsel

Eine 72-jährige RA-Patientin mit Endoprothesen in beiden Hüftgelenken ist wegen schwerer Ruhe- und Belastungsschmerzen weitgehend auf den Rollstuhl angewiesen. Beim zweiten Wechsel der linken Pfanne benötigte sie wegen einer chronischen Arrosion der linken A. femoralis durch intrapelvine Prothesenanteile bereits eine Gefäßrekonstruktion. Der Grund für ihre aktuellen Schmerzen: Auch die dritte Pfanne hat sich gelockert und ist ins Becken eingedrungen. In der CT fällt eine gefährliche Nähe zwischen Gefäßplastik und abgebrochenen Schrauben auf. Mit regelmäßigen Röntgenkontrollen hätten sich diese brisanten Destruktionen vermeiden lassen.

Eine weitere Endoprothesen-Komplikation: Etwa einer von 100 Patienten mit primärem Hüftgelenkersatz erleidet eine periprothetische Fraktur. Nach einer Revisionsoperation sind es etwa 4 % – Tendenz steigend. So lange die Endoprothese noch fest verankert ist, genügt häufig eine Stabilisierung mittels Osteosynthese, auch wenn bereits Hüfte und Knie ersetzt wurden. Bei einer Lockerung ist ein Prothesenwechsel erforderlich. Zur (Sekundär-)Prophylaxe sollte man die, bei Rheumapatienten nicht selten begleitende, Osteoporose effektiv behandeln.

Keramikscherben schädigen das Metall

Zu einem Materialversagen kommt es heute kaum noch, betonte Dr. Bause. Warnsignal für einen geplatzten Prothesenkopf ist der Nachweis von Keramikpartikeln im Röntgenbild. In solchen Fällen muss das Bein sofort entlastet und das betroffene Teil gewechselt werden, damit die harten Scherben nicht das Metall beschädigen. Eine weitere Quelle für ein Materialversagen sind Schwingungsfrakturen im Prothesenschaft, ausgelöst durch eine Lockerung im oberen Teil. Mangels Schmerzen entdeckt man den Spalt im Metall oft nur zufällig. Auch das Risiko für eine Prothesenluxation ist deutlich rückläufig. Es liegt nach Primärimplantation noch bei etwa 2 %, betonte Dr. Bause. Als Risikofaktoren gelten z.B. Muskelinsuffizienz, neurologische Begleiterkrankungen und die immer häufiger angelegten langstreckigen Spondylodesen der Lendenwirbelsäule.

Quelle: 15. DGRh*-Kongress – virtuell

* Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie