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Prostatakarzinom: PSA-Screening soll unnötige Behandlungen vermeiden

Autor: Maria Weiß

Karzinom (schwarz) in deutlich vergrößerter Prostata (dunkelbraun). Das Rektum ist blau eingefärbt. Karzinom (schwarz) in deutlich vergrößerter Prostata (dunkelbraun). Das Rektum ist blau eingefärbt. © Science Photo Library
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Obwohl das Prostatakarzinom die häufigste Krebserkrankung des Mannes ist, bleibt ein generelles PSA-Screening zur Früherkennung weiter umstritten. Dabei gibt es gute Gründe für die Testung.

Damit sterben, nicht daran. Was man oft im Zusammenhang mit COVID-19 hörte, wird auch im Rahmen des Prostatakarzinoms diskutiert. Professor Dr. Manfred­ Wirth­, Urologe am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden, will das Argument einiger seiner Kollegen entkräften, dass Prostatakarzinome zumeist harmlos seien. Mehr als jeder zehnte krebsbedingte Todesfall bei Männern geht auf diesen Tumor zurück, allein 2018 waren es in Europa 107 000. Dabei brach Prof. Wirth zugleich eine Lanze für das eigentliche Thema der Diskussion: das PSA**-Screening.

Durch umfangreiche Studien ist mittlerweile gut belegt, dass sich dank PSA-Tests die Mortalität bei Patienten mit Prostatakrebs deutlich reduziert hat. Zeitnah entdeckt, erhöht­ eine frühe Therapie nicht nur die Remissionswahrscheinlichkeit, sondern mindert auch das Risiko von Therapiefolgen wie Inkontinenz und Impotenz. Derweil kann auf eine anschließende Hormonbehandlung häufiger verzichtet werden.

Was passiert, wenn sich gegen ein generelles PSA-Screening ausgesprochen wird, zeigt das Beispiel USA. Dort hatte eine unabhängige Expertengruppe 2008 zunächst für Männer ab 75 Jahren und 2012 schließlich für alle Männer von der routinemäßigen Testung abgeraten. Eine kürzlich publizierte Analyse lässt erkennen, dass seither der Anteil regio­nal weit fortgeschrittener sowie metastasierter Karzinome deutlich steigt. Bei den über 75-Jährigen zeigte sich beispielsweise zwischen 2010 und 2016 im Schnitt ein Anstieg in der Inzidenz von jährlich 5,2 %.

Was aber ist mit dem Argument, die häufigen PSA-Tests führen zu Überdiagnosen und Übertherapie? Kollegen, die dieser Begründung folgen, gehen z.T. immer noch davon aus, dass jeder erhöhte PSA-Wert sofort zu einer Biopsie und beim Nachweis von Krebszellen zur radikalen Prostatektomie führt, erklärte Privatdozent Dr. Christian­ Arsov,­ Universitätsklinikum Düsseldorf. Mittlerweile aber sei ein risikoadaptiertes „Smart“-Screening möglich, das vielen Männern eine potenziell unnötige Biopsie erspart. Dafür braucht es jedoch einen Basis-PSA-Wert, der möglichst im Alter von 45 Jahren bestimmt werden sollten, wenn noch nicht so viele Ursachen für eine benigne PSA-Erhöhung vorliegen (s. Kasten).

Benigne Ursachen für erhöhte PSA-Werte

  • gutartige Prostatahyperplasie
  • digitorektale Untersuchung
  • bestimmte Medikamente
  • höheres Alter
  • akuter Harnverhalt
  • chronische Prostatitis
  • nach Ejakulation

Zehnfach erhöhtes Krebsrisiko bei Werten über 1,6 ng/ml

Im Rahmen der multizentrischen PROBASE-Studien wurde dieser Basiswert bei mehr als 23 000 Männern bestimmt. Knapp 90 % von ihnen gehörten mit einem PSA-Wert von unter 1,5 ng/ml der „Low-Risk-Gruppe“ an, tragen also nur ein geringes Risiko, in den nächsten 25 Jahren Metastasen zu bilden. Diese Männer müssen dann nicht mehr zu einem jährlichen Screening erscheinen, erklärte Dr. Arsov­. Eine PSA-Konzentration im Blut von über 1,6 ng/ml hingegen zeigt ein zehnfach erhöhtes Krebs­risiko an. Doch sogar bei mehr als 1,8 ng/ml ist noch keine sofortige Gewebebiopsie indiziert. Durch Vorschalten einer multiparametrischen Kernspin-Untersuchung unter Berücksichtigung entsprechender Parameter (PI-RADS) lassen sich bis 50 % der durchgeführten Biopsien vermeiden und der Anteil klinisch signifikanter Protatakarzinome unter den detektieren Tumoren erhöhen.

Quelle: 72. DGU*-Kongress – virtuell

* Deutsche Gesellschaft für Urologie
** Prostataspezifisches Antigen