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Magenbypass: NAFLD-Patienten profitieren von langfristiger Diabetesremission

Autor: Dr. Judith Lorenz

Mit dem Magenbypass ist Abnehmen für viele leichter. Mit dem Magenbypass ist Abnehmen für viele leichter. © Science Photo Library/Science Source/DNA Illustration
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Nach einem bariatrischen Eingriff erreicht etwa die Hälfte der Patienten mit Typ-2-Diabetes und Adipositas langfristig normale Blutzuckerwerte. Die Chance auf eine Diabetesremission ist einer US-Studie zufolge dabei offenbar größer, wenn zum Zeitpunkt des Eingriffs eine Lebersteatose besteht.

Angesichts der steigenden Zahl von Menschen mit Adipositas und Typ-2-Diabetes nimmt auch die Prävalenz der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) zu: Mittlerweile sind mehr als ein Drittel der US-Bevölkerung bzw. 80 % der Adipositaspatienten betroffen, berichtet Professor Dr. Roman­ Vangoitsenhoven­ von der Cleveland Clinic in Ohio. Die NAFLD kann sich zu einer nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH), einer Fibrose oder einer Zirrhose weiterentwickeln und schließlich in ein hepatozelluläres Karzinom münden.

OP wirkt der diabetischen Stoffwechsellage entgegen

NAFLD und Typ-2-Diabetes stehen in einem komplexen bidirektionalen Zusammenhang, wobei die Insulinresistenz ein gemeinsames Kernproblem darstellt. Die durch ektope Fettansammlungen im Leber- und Muskelgewebe hervorgerufene Insulinresistenz führt letztlich zu einer Erschöpfung der Betazellen. Da bariatrisch-metabolische chirurgische Eingriffe sowohl der Leberzellverfettung als auch der diabetischen Stoffwechsellage entgegenwirken, stellt sich die Frage, ob adipöse Menschen mit Diabetes mit begleitender Steatose hinsichtlich der Blutzuckerkontrolle stärker von einer solchen Operation profitieren.

Prof. Vangoitsenhoven und weitere US-Forschende beleuchteten diese Fragestellung nun im Rahmen einer retrospektiven Studie. Sie werteten die Daten von 519 Patienten mit Typ-2-Diabetes aus, darunter 348 Frauen (67,1 %), die sich zwischen 2004 und 2012 einer Roux-en-Y-Magenbypass-Operation unterzogen hatten (s. Kasten). Im Rahmen des Eingriffs war zusätzlich eine Leberbiopsie entnommen worden. 

Weltweit häufigstes Verfahren in der Adipositaschirurgie

Bei einem Roux-en-Y-Magenbypass (RYGB, s. Abb.) wird ein Großteil des Magens reseziert, sodass nur ein kleiner Restmagen (Magenpuch) verbleibt. Für die Verbindung mit dem Dünndarm sind zwei Anastomosen erforderlich: eine zwischen Magen und Dünndarm, die andere zwischen zwei Dünndarmschenkeln. Der RYGB wird sowohl als restriktives als auch als malabsorptives Verfahren eingestuft, weil er zum einen das Fassungsvermögen des Magens verringert und gleichzeitig die vollständige Verwertung der aufgenommenen Nahrung unterbindet. International gilt er als das am häufigsten eingesetzte bariatrische OP-Verfahren.

Die Wissenschaftler prüften, ob ein unabhängiger Zusammenhang zwischen einer Lebersteatose und der langfristigen Diabetes­remission bestand. Letztere definierten sie als HbA1c-Wert unter 6,5 % ohne Anwendung von Antidiabetika mindestens fünf Jahre nach der Magenbypassoperation. Das mediane Alter der Patienten betrug 52 Jahre, der Body-Mass-Index lag im Schnitt bei 45,2 kg/m2 und der durchschnittliche HbA1c-Wert betrug 7,3 %. 304 Personen (58,6 %) hatten initial eine unzureichende glykämische Kontrolle. Die Teilnehmenden lebten im Schnitt seit sechs Jahren mit der Zuckerstoffwechselstörung und nahmen durchschnittlich zwei Antidiabetika ein, darunter in 188 Fällen Insulin (36,2 %). Die mediane Nachbeobachtungszeit belief sich auf acht Jahre. Die Auswertung der Leberbiopsien ergab: 407 Patienten (78,4 %) wiesen eine Steatose auf, 359 (69,2 %) eine lobuläre Inflammation und 184 (35,5 %) ballonierte Hepatozyten. Eine Fibrose lag bei 211 vor (40,7 %). Insgesamt erreichten 255 Patienten (49,1 %) nach der Magenbypass-operation eine langfristige Dia­betesremission: Im Kollektiv der 407 NAFLD-Patienten gelang dies in 211 Fällen (52 %), in der Gruppe der 112 Patienten ohne Lebersteatose dagegen nur in 44 Fällen (39 %). Die statistische Analyse ergab eine Reihe signifikanter unabhängiger Risikofaktoren für ein Ausbleiben der Diabetesremission: 
  • eine längere Diabetesdauer (Odds Ratio [OR] 0,87)
  • eine präoperative Insulinabhängigkeit (OR 0,33)
  • eine höhere Anzahl verwendeter Antidiabetika (OR 0,50)
  • eine ungünstige Stoffwechsellage vor dem Eingriff (OR 0,53)
Eine Lebersteatose zum OP-Zeitpunkt erhöhte dagegen die Chancen auf eine langfristige Normalisierung des Glukosestoffwechsels deutlich – um fast das Doppelte (OR 1,96). Die übrigen histopathologischen Leberparameter beeinflussten die Wahrscheinlichkeit für eine Diabetesremission dagegen nicht wesentlich. Adipöse Menschen mit Typ-2-Dia­betes, die zusätzlich eine NAFLD aufweisen, profitieren bzgl. der langfristigen Blutzuckerkontrolle stärker von einem bariatrischen Eingriff als Patienten ohne diese Leberproblematik, schlussfolgert die Autorengruppe. Die Studienergebnisse bestätigen ihrer Interpretation zufolge die Hypothese, dass die intrahepatischen Fettdepots einen erheblichen Anteil an der Insulinresistenz haben. Weitere Untersuchungen müssen nun diese Thematik näher beleuchten.

Quelle: Vangoitsenhoven R et al. Diabetes Care 2021; 44: 321-325; DOI: 10.2337/dc20-0150