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Pankreaskrebs: Genetische Testung und Screening werden in Hochrisikokollektiven wichtiger

Autor: Dr. Katharina Arnheim

Ab wann ein Screening durchgeführt werden sollte, wird durch den Mutationsstatus und die Familienanamnese bestimmt. Ab wann ein Screening durchgeführt werden sollte, wird durch den Mutationsstatus und die Familienanamnese bestimmt. © iStock/AlexLMX, anusorn nakdee
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Mit der Identifizierung molekularer Alterationen und der Entwicklung personalisierter Therapien rückt die Bedeutung der genetischen Testung auch beim Pankreaskarzinom zunehmend in den Vordergrund. Ebenfalls wichtig wird das Screening bei positiver Familienanamnese.

Neben Rauchen, Adipositas, Diabetes mellitus und Pankreatitis ist eine positive Familienanamnese ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung von Pankreaskarzinomen. „Bei etwa 10 % aller Patienten mit Pankreaskrebs lassen sich Keimbahnmutationen nachweisen“, berichtete Professor Dr. Sapna Syngal vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston. Am häufigsten von Alterationen betroffen sind die Gene für BRCA1 und BRCA2, aber auch Mutationen in den ATM-, TP53- und PALB2-Genen kommen oft vor.

Aufgrund dieser Daten und der Entwicklung neuer Therapien für Patienten mit BRCA-mutierten Pankreaskarzinomen wird mitterweile, etwa von der American Society of Clinical Oncology (ASCO), direkt bei Diagnose eines Pankreaskarzinoms die genetische Testung gefordert. Die Leitlinien des National Comprehensive Cancer Network (NCCN) sprechen sich bei Personen mit Pankreaskrebs und positiver Familienanamnese für die Testung aus.

Wegen der großen Heterogenität der genetischen Anomalien sollte die Testung mit einem Multigen-Panel durchgeführt werden, das alle bekannten Alterationen umfasst, betonte Prof. Syngal. Allerdings sind die Testraten bislang noch niedrig. Als wichtig bezeichnete die Referentin daher die Implementierung eines Überweisungssystems in onkologischen Praxen und die automatische Erfassung von diagnostizierten Betroffenen.

Testraten steigen auf knapp 40 %

Nach Etablierung dieser Maßnahmen im Rahmen von Studien gelang ein Anstieg der Testraten von zunächst nur 8 % auf mittlerweile 37 %. Prof. Syngal geht davon aus, dass neue Daten zur zielgerichteten Therapie beim Pankreaskarzinom in dieser Hinsicht weitere Fortschritte bringen werden.

Eckdaten zum Screening

Initial sollten im Rahmen des Screenings MRT und EUS eingesetzt und ggf. auch Nüchtern-Blutzucker und/oder HbA1c-Wert bestimmt werden. Im weiteren Verlauf werden MRT und EUS alternierend eingesetzt und Nüchtern-Blutzucker und/oder HbA1c routinemäßig gemessen. Solange keine Anomalien nachweisbar sind, reichen Screening-Intervalle von zwölf Monaten. Bei Vorliegen von Pankreasläsionen, die noch keine Chirurgie erfordern, sollten die Intervalle auf drei bis sechs Monate verkürzt werden.

Eine Herausforderung bleibt die Testung gesunder Personen in genetisch prädisponierten Hochrisikofamilien. In der GENERATE-Studie werden derzeit unterschiedliche Methoden der genetischen Aufklärung mittels webbasierter Programme evaluiert, um das Wissen über den hereditären Pankreaskrebs und die genetische Testung zu verbessern, ohne dass Risikofamilien eine ärztliche Praxis aufsuchen müssen. Eine weitere Herausforderung ist das kurze Zeitfenster für die genetische Testung gesunder Probanden, da das Pankreaskarzinom im Unterschied z.B. zum Kolonkarzinom ein sehr rasch wachsender Tumor ist. Als wichtige Screening-Untersuchungen nannte Prof. Syngal die Magnetresonanztomographie (MRT) und den endoskopischen Ultraschall (EUS), mit denen sich Pankreasläsionen mit sehr viel höherer Sensitivität nachweisen lassen als mittels Computertomographie. Derzeit laufen mehrere klinische Studien wie CAPS*, um den Nutzen von Screening-Programmen in Hochrisikokollektiven zu evaluieren. Das CAPS-Konsortium hat aktuelle Leitlinien zur Implementierung des Screenings bei diesem Tumor erarbeitet.1 Zu screenen sind:
  • alle Patienten mit Peutz-Jeghers-Syndrom (STK11-Mutation),
  • Träger der CDKN2A-Mutation,
  • Träger der Keimbahnmutationen BRCA1/2, PALB2, ATM, MLH1, MSH2 und MSH6 mit mindes­tens einem betroffenen Verwandten ersten Grades sowie
  • Personen mit mindestens einem betroffenen Verwandten ersten Grades, bei dem ebenfalls ein Verwandter ersten Grades an Pankreaskrebs erkrankt ist.
Der Zeitpunkt des Screenings ist abhängig von Mutationsstatus und Familienanamnese. Personen mit CDNK2- und STK11-Mutation sollten ab dem 40. Lebensjahr monitoriert werden. Bei familiärem Pankreaskrebs ohne bekannte Mutation sowie bei Trägern von BRCA1/2-, ATM-, PALB2- und MLH1/MSH2-Mutationen sollte das Screening spätestens ab dem 50. Lebensjahr starten, erläuterte die Expertin.

* The Cancer of the Pancreas Screening

Quellen:
1. Goggins M et al. Gut 2020; 69: 7-17; DOI: 10.1136/gutjnl-2019-319352
Syngal S et al. ASCO-GI 2020; „Breakout: Risk Reduction in Hereditary Cancers and High-Risk Groups“