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CAR-T-Zell-Therapie Durch Zusammensetzung der Darmflora lässt sich womöglich die Wirkung optimieren

CAR-T-Zell-Meeting 2022 Autor: Josef Gulden

Spezifische Bakterienspezies konnten in jüngster Vergangenheit mit der Wirksamkeit von Checkpoint-Inhibitoren in Verbindung gebracht werden. Spezifische Bakterienspezies konnten in jüngster Vergangenheit mit der Wirksamkeit von Checkpoint-Inhibitoren in Verbindung gebracht werden. © iStock/sitox
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Das menschliche Mikrobiom spielt eine wichtige Rolle bezüglich vieler physiologischer Funktionen. Ebenso sollte es bei Pathogenese und Therapie von Krebserkrankungen und Infektionen nicht außer Acht gelassen werden. Das gilt offenbar auch für die Wirksamkeit von CAR-T-Zellen.

Eine Behandlung mit Breitband-Antibiotika kann die Anti-Tumor-Wirkung von Immuncheckpoint-Inhibitoren praktisch vollständig unterdrücken. Und auch spezifische Bakterienspezies konnten in jüngster Vergangenheit mit der Wirksamkeit dieser Medikamente bei Melanom sowie Lungen- und Nierentumoren in Verbindung gebracht werden – selbst wenn diese Ergebnisse bislang nicht gut reproduzierbar waren.

In einer eigenen Untersuchung versuchten Dr. Christoph Stein-­Thöringer, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, und Kollegen aus Deutschland und den USA, Wirkung und Toxizität einer Behandlung mit CD19-CAR-T-Zellen mit dem Mikrobiomstatus von Lymphompatienten zu korrelieren. Diese hatten eines der drei bislang zugelassenen CAR-T-Zell-Präparate erhalten. Zunächst zeigte sich auch hier, dass eine vor Infusion der Zellen gegebene Antibiotikatherapie das Progressionsrisiko signifikant erhöhte und das Überleben signifikant verkürzte. Insbesondere zeichnete sich eine Gruppe von Hochrisiko-Antibiotika ab, die in einer multivariaten Analyse das Progressionsrisiko etwa verdoppelte (HR 2,13; p = 0,007). Von allen untersuchten Faktoren (Alter, ECOG-Status, LDH-Wert, „bulky disease“, CRP und Bridging-Therapie) hatten sie den größten und als einziger Faktor einen signifikanten Effekt, berichtete der Referent.

Die Hochrisiko-Antibiotika gingen mit einer starken Vermehrung von Enterococcus faecium und Streptococcus thermophilus einher. Zudem kam es zu einem Rückgang von Ruminococcus gnavus und Roseburia inulinivorans. Assoziiert mit einer frühen Progression (vor Tag 180 nach Infusion der CAR-T-Zellen) war die Anwesenheit von E. coli und Parabacterioides distasonis vor der Infusion, wogegen Ruminokokken, Roseburia, Eubacterium-Arten und Bifidobacterium longum einen protektiven Effekt zu haben schienen. E. coli war außerdem mit einem erhöhten Risiko für Zytokinfreisetzungssyndrome assoziiert.

Blick auf den Globus

Dr. Stein-Thöringer wies auf geo­grafische Aspekte hin: Die deutschen und US-amerikanischen Patienten unterschieden sich in der Zusammensetzung ihres Mikrobioms, vermutlich aufgrund des unterschiedlichen Lebensstils. Solche Differenzen bezüglich der Darmflora und ihrer Auswirkungen werden auch in anderen klinischen Zusammenhängen beobachtet.

Effektoren, die einen Einfluss des Mikrobioms auf die CAR-T-Zell-Therapie vermitteln könnten, sind Metaboliten von Tryptophan und Gallensäure, kurzkettige Fettsäuren sowie Lipopolysaccharide und andere Liganden. Eine Gemeinsamkeit: Sie haben alle spezifische Rezeptoren oder andere Zielstrukturen auf oder in T-Zellen, wodurch sie die Aktivität dieser Zellen steuern können. Diese Ergebnisse sind in zweifacher Hinsicht von Bedeutung, erläuterte der Vortragende. Einerseits kann man hieraus Biomarker gewinnen, die für die Prognose der Patienten unter einer CAR-T-Zell-Therapie relevant sein könnten. Zum anderen sind Interventionen denkbar, mit denen sich das Mikrobiom günstig im Sinne der Tumortherapie beeinflussen lässt. So werden Probio­tika wie Butyrat bereits klinisch untersucht. Letztlich geht es darum, so Dr. Stein-Thöringer, einerseits die durch Breitspektrum-Antibiotika vor der CAR-T-Zell-Therapie bewirkte „Dysbiose“ zu verhindern und andererseits bestimmte günstig wirkende Interventionen zu erproben, mit denen sich die „Fitness“ des Mikrobioms und seine Auswirkungen auf die Therapie vielleicht sogar verbessern lassen.

Quelle: Stein-Thöringer C et al. 4th European CAR T-cell Meeting; PS03-4