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Vitamin D bietet keinen Schutz vor Typ-2-Diabetes

Autor: Ulrike Viegener

Gilt in manchen Kreisen als Allheilmittel in Prävention und Therapie: Vitamin D als Nahrungsergänzung. Gilt in manchen Kreisen als Allheilmittel in Prävention und Therapie: Vitamin D als Nahrungsergänzung. © iStock/Helin Loik-Tomson
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In der Coronapandemie ist die Debatte um Vitamin D neu entfacht. Doch die Datenlage lässt Empfehlungen für eine pauschale Supplementierung bisher nicht zu. Das „Sonnenvitamin“ kann weder zum Schutz vor COVID-19, einem schweren Verlauf noch zur Prävention eines Typ-2-Diabetes empfohlen werden.

Basis des Hypes um Vitamin D sind unzählige Studien, die Assoziationen von niedrigen Spiegeln mit ganz unterschiedlichen Krankheiten gefunden haben, darunter COVID-19-Infektionen und Typ-2-Diabetes. Wie Professor Dr. Matthias­ Weber­ von der Universitätsklinik Mainz betonte, heißt das aber nicht, dass eine Supplementierung von Vitamin D mit Blick auf diese Erkrankungen präventive Effekte besitze. Prospektive, randomisierte Interventionsstudien verliefen unterm Strich enttäuschend. In Metaanalysen fanden sich allenfalls kleinere Effekte auf eine Risikoreduktion in einer Größenordnung um 10 %.

400–1000 IE pro Tag, um Versorgung zu gewährleisten

Aufgelebt sind die zum Teil hitzig geführten Diskussionen um den (Un-)Sinn einer Vitamin-D-Supplementierung im Zuge der Corona-Pandemie, nachdem sich herausgestellt hatte, dass bei niedrigen Vitamin-D-Spiegeln schwere Verläufe häufiger sind und die Sterblichkeit erhöht ist. Laut zwei kleinen Interventionsstudien mit Kontrollarm scheint eine Vitamin-D-Gabe die Prognose günstig zu beeinflussen. Hieb- und stichfest ist das aber noch nicht. Der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) reicht die Evidenz jedenfalls bislang nicht aus, um die Gabe von Vitamin D zur Prävention oder Behandlung von COVID-19 zu empfehlen. Sie hält allenfalls die Einnahme von 400–1000 IE Vitamin D pro Tag zur Sicherstellung der Versorgung für erwägenswert.

Was den Diabetes betrifft, ist durch Beobachtungsstudien eine Assoziation zwischen niedrigen 25-Hydroxy-Vitamin-D-Spiegeln und dem Risiko für einen Typ-2-Diabetes dokumentiert. Daraufhin wurden verschiedene prospektive Interventionsstudien initiiert, die aber allenfalls bescheidene präventive Effekte einer Vit­amin-D-Supplementierung ergaben. In der mit 2423 Probanden bislang größten Studie, der randomisierten, placebokontrollierten D2d-Studie, zeigte sich ein leicht positiver Trend. Ein signifikanter präventiver Effekt war jedoch unter hoch dosierter Vitamin-D-Supplementierung mit 4000 IE/d nicht zu verifizieren.

Inzwischen liegt auch eine große Metaanalyse vor, in der die Daten von neun prospektiven randomisierten Studien mit insgesamt mehr als 40 000 Teilnehmern zusammengeführt wurden. In der Summe zeigte sich kein präventiver Effekt von Vitamin D auf das Typ-2-Diabetes-Risiko. Nur in der Subgruppenanalyse fanden die Forscher einen leicht signifikanten Effekt mit einer Risikoreduktion um 12 % bei Dosen ab 1000 IE/d. Bei Personen, die ausreichend mit Vitamin D versorgt sind, sei ein relevanter diabetespräventiver Effekt nicht zu erwarten.

Neue Daten gibt es auch zum Sturzrisiko: In der aktuellen STURDY-Studie wurden die Effekte einer Vitamin-D-Gabe bei 687 älteren Menschen mit erhöhtem Sturzrisiko untersucht, von denen 70 % als gebrechlich (frailty bzw. prefrailty) galten.

Dreimal größeres Sturzrisiko unter hohen Dosierungen

Zu Studienbeginn lagen die 25-Hydroxy-Vitamin-D-Spiegel bei 25–72,5 nmol/l. Die drei Studiengruppen erhielten 1000 IE, 2000 IE bzw. 4000 IE Vitamin D täglich, während in der Kontrollgruppe eine Basissubstitution mit 200 IE/d erfolgte. Im Vergleich zu dieser niedrigen Dosis hatte keine der hohen Dosierungen einen sturzpräventiven Effekt. Im Gegenteil: Bei 2000 IE bzw. 4000 IE täglich war das Sturzrisiko sogar um fast das Dreifache erhöht. Was laut Prof. Weber einmal mehr bestätigt: Viel hilft nicht zwingend viel.

Quelle: Diabetes Update 2021