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Altersdepression: Bei der transkraniellen Magnetstimulation an der Intensitätsschraube drehen

Autor: Friederike Klein

Die rTMS erhöht die Chance, schwere Depressionen effektiv zu behandeln. (Agenturfoto) Die rTMS erhöht die Chance, schwere Depressionen effektiv zu behandeln. (Agenturfoto) © iStock/PeopleImages
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Die Elektrokrampftherapie ist zwar eine sehr wirksame Therapie bei resistenter Depression im höheren Lebensalter, doch sie geht mit dem Risiko der kognitiven Beeinträchtigung einher. Die repetitive trans­kraniale Hirn­stimulation mittels Magnet hat sich zur therapeutischen Alternative gemausert.

Die repetitive transkraniale Magnetstimulation (rTMS) mit hoher Frequenz gilt mittlerweile auch bei alten Menschen als wirksame Behandlungsoption, wenn eine schwere Depression vorliegt. Abhängig vom Rückgang der depressiven Symptome bessern sich unter der Therapie auch exekutive Funktionen. Dies ist bei der Pharmakotherapie nicht der Fall, betonte Professor Dr. Daniel M. Blumberger von der Universität von Toronto. Auch eine vaskuläre Depression etwa nach einem Schlaganfall könne auf die rTMS ansprechen.

Um eine möglichst gute Wirksamkeit zu erzielen, müssen allerdings die für das höhere Alter typischen Veränderungen berücksichtigt werden. Durch die fortschreitende Hirnatrophie schrumpft das Gehirn quasi von der Schädelkalotte weg. Entsprechend muss man die Intensität der Stimulation verstärken, erklärte Prof. Blumberger. Frühe Studien hätten das nicht berücksichtigt und aufgrund einer zu niedrigen Intensität keine ausreichende Penetrationstiefe und somit keine ausreichende Hirnstimulation erreicht.

Bilaterale Stimulation bei Älteren erfolgreicher

Zudem scheint eine einseitige Stimulation, die bei jüngeren Patienten wirksam ist, im Alter weniger effektiv zu sein. Prof. Blumberger hält die bilaterale rTMS bei älteren Menschen mit schwerer Depression für erfolgreicher und zudem sicher. Mit seiner Arbeitsgruppe prüfte er Sham-kontrolliert die rTMS über die Lebensspanne hinweg. 74 Patienten im Alter zwischen 18 und 85 Jahren mit behandlungsresistenter Depression und einem Wert von > 21 auf der 17 Items umfassenden Hamilton Depression Rating Scale (HDRS-17) erhielten randomisiert eine hochfrequente unilaterale oder eine sequenziell bilaterale rTMS oder eine Scheinstimulation.1

Nur die bilaterale Behandlung mit abwechselnd einer geringen Stimulation rechts (inhibitorische Effekte) und einer hohen Frequenz links (exzitatorische Effekte) führte zu einer signifikant höheren Remissionsrate (55 %) bei den über 60-Jährigen als die Sham-Prozedur (0 %).

In einer weiteren randomisiert-kontrollierten Studie wurde die Stimulationsregion mittels Magnet­resonanztomographie bestimmt.2 Auch in dieser Untersuchung war die sequenzielle bilaterale Stimulation, nicht aber die einseitige rTMS-Behandlung bei bis zu 85 Jahre alten Patienten mit therapieresistenter Depression signifikant wirksamer als die Scheinbehandlung. Die Remissionsrate lag bei 33 % (unilaterale Stimulation 0 %, Sham 0 %). Die Pharmakotherapie war während der Studie beibehalten worden.

Geometrie der Spule weiterentwickeln

Der nächste Schritt ist die Weiterentwicklung der Geometrie der Spirale zur Erzeugung des magnetischen Feldes, um eine tiefere und breitere transkraniale Magnetstimulation zu erreichen, sagte Prof. Blumberger. Dadurch kann mit einer Spule nicht nur der linke präfrontale Kortex, sondern peripher auch der rechte präfrontale Kortex stimuliert werden.

Eine Sham-kontrollierte Studie zeigte bei 60- bis 85-jährigen Patienten mit schwerer Depression eine Remissionsrate von 40 % nach einer bis zu sechswöchigen Therapie.3 In der Sham-Gruppe hatten nur 14 % der Patienten eine Remission erreicht. Unerwünschte Effekte waren bei wirklicher und Scheinbehandlung ähnlich häufig, es berichteten nur mehr Patienten nach tiefer rTMS über Kopfschmerzen, vor allem auf der Seite der stärkeren Stimulation (56 % vs. 37 %).

Quellen:
1. Blumberger DM et al. World J Biol Psychiatry 2012; 13: 423-435; DOI: 10.3109/15622975.2011.579163
2. Blumberger DM et al. J Psychiatry Neurosci 2016; 41: E58-E66; DOI: 10.1503/jpn.150265
3. Kaster TS e al. Neuropsychopharmacology 2018; 43: 2231-2238; DOI: 10.1038/s41386-018-0121-x

Kongressbericht: 28th European Congress of Psychiatry (Online Veranstaltung)