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Wer bei Lungenembolie besonders gefährdet ist

Autor: Maria Weiß

In den Leitlinien werden zwar einige Risikofaktoren für eine Lungenembolie aufgelistet, die Niereninsuffizienz bleibt jedoch außen vor. In den Leitlinien werden zwar einige Risikofaktoren für eine Lungenembolie aufgelistet, die Niereninsuffizienz bleibt jedoch außen vor. © iStock/wildpixel
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Hat ein Patient eine Lungenembolie entwickelt, stellt sich die Frage, ob für ihn eine verkürzte stationäre oder sogar eine ambulante Therapie möglich ist.

Um zu einer eindeutigen Antwort zu kommen, braucht man eine Risiko­stratifizierung. Dies gilt auch dann, wenn der Betroffene hämodynamisch stabil ist, sagte Professor Dr. Rupert Bauersachs von der Klinik für Gefäßmedizin am Klinikum Darmstadt.

Er verwies auf die aktuelle Leitlinie der European Respiratory Society (ERS), in der entsprechende Empfehlungen gegeben werden.1 Eindeutig ist die Situation natürlich bei Patienten im Schock, mit Hypoperfusion, Rechtsherzbelastung und Troponinerhöhung.

Grundsätzlich den rechten Ventrikel anschauen

In solchen Fällen liegt die Frühmortalität über 15 %, nach Möglichkeit sollte daher eine stationäre Reperfusionstherapie durchgeführt werden, erklärte Prof. Bauersachs.

Er forderte, grundsätzlich auch bei hämodynamisch stabilen Patienten mit Lungenembolie den rechten Ventrikel anzuschauen – eine einfache Computertomographie reiche dafür aus. Bei Rechtsherzbelastung und Troponinerhöhung müsse man auch bei ansonsten stabilen Patienten eine Reperfusion ins Auge fassen. Und in jedem Fall gehören die Kranken stationär aufgenommen.

Als weiteres Tool zur Risikobeurteilung stellte Prof. Bauersachs den vereinfachten Pulmonary Embolism Severity Index (sPESI, sie­he Kasten) vor. Schon bei einem einzigen Punkt im sPESI muss von einem erhöhten Sterberisiko von über 10 % ausgegangen werden. Natürlich ist in solch einem Fall eine stationäre Behandlung erforderlich. Patienten mit 0 Punkten, bei denen keine Rechtsherzbelastung nachweisbar ist, können dagegen ambulant behandelt oder vorzeitig entlassen werden, betonte der Kollege.

sPESI zur Risikostratifizierung

Der Simplified Pulmonary Embolism Severity Index sagt die 30-Tage- Letalität bei Lungenembolie voraus.
Alter ≥ 80 Jahre1 Punkt
Krebserkrankung1 Punkt
Chronische kardio- pulmonale Erkrankung1 Punkt
Puls ≥ 110/min1 Punkt
RR sys. < 100 mmHg1 Punkt
Auswertung:
0 Punkte: niedriges Risiko
Die 30-Tage-Letalität liegt bei 1,0 %. ≥ 1 Punkt: höheres Risiko
Die 30-Tage-Letalität beträgt 10,9 %.

Quelle: Konstantinides SV et al. Eur Respir J 2019; 54: pii: 1901647; DOI: 10.1183/13993003.01647-2019

Noch nicht als Faktor in der ERS-Leitlinie zur Risikostratifizierung aufgeführt und auch im sPESI nicht abgebildet ist die Niereninsuffizienz. Nach einer Post-hoc-Analyse2 gepoolter prospektiver Kohortenstudien gilt eine eGFR < 60 ml/min/1,73 m2 bei Lungenembolie als ein unabhängiger Prädiktor für eine erhöhte 30-Tage-Gesamtmortalität, berichtete Prof. Bauersachs.

1. Konstantinides SV et al. Eur Respir J 2019; 54; DOI: 10.1183/13993003.01647-2019
2. Kostrubiec M et al. Thromb Haemost 2019; 119: 140-148; DOI: 10.1055/s-0038-1676522