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Spondyloarthritis: Nächtlicher Aufwachschmerz im Rücken

DGIM 2021 Autor: Dr. Dorothea Ranft

Die Diagnose „Spondyloarthritis“ kann anhand weiterer Kriterien auch ohne radiologische Veränderungen der Wirbelsäule erfolgen. Die Diagnose „Spondyloarthritis“ kann anhand weiterer Kriterien auch ohne radiologische Veränderungen der Wirbelsäule erfolgen. © eleonimages – stock.adobe.com
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Einer Ihrer jüngeren Patienten wacht nachts wegen Rückenschmerzen auf. Vorsicht, sie könnten das erste Zeichen einer Spondyloarthritis sein. Eine frühe Diagnose gelingt oft schon anhand weniger Kriterien – auch ohne radiologische Veränderungen an der Wirbelsäule.

Wichtige Hinweise auf eine Spondyloarthropathie liefert bereits das Befallsmuster: Typisch ist die axiale Manifestation an Wirbelsäule sowie den angehefteten Ileosakralgelenken. Zudem kommt es häufig zu einer asymmetrischen (Oligo-) Arthritis überwiegend großer Gelenke der unteren Extremitäten oder Enthesitiden. Sie entwickeln sich vor allem an Achilles- und Patellarsehne sowie dem Os ischii, erklärte Professor Dr. Elisabeth Märker-Hermann von den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden. Außerdem bestehen oft andere Organbeteiligungen etwa in Form chronisch entzündlicher Darmerkrankungen oder einer Uveitis.

Das wichtigste Symptom der Spondylarthritis ist der entzündliche Rückenschmerz, der vielfach schon vor dem 40. Lebensjahr beginnt und nicht selten als Bandscheibenschaden fehlgedeutet wird. Er entwickelt sich schleichend und bessert sich bei Bewegung, nicht jedoch in Ruhe. Im Gegenteil, viele Patienten leiden an einem nächtlichen Aufwachschmerz

In der Frühphase empfiehlt Prof. Märker-Hermann eine Abklärung mittels MRT. Dort zeigt sich typischerweise ein subchondrales periartikuläres Knochenmarködem. Zu fettiger Degeneration, Erosion und Überbauungen kommt es erst später. Einen hohen diagnostischen Stellenwert hat auch die Sonographie, sie zeigt Powerdoppler-positive Arthrititiden (große Gelenke) bzw. Enthesitiden (verstärkte Durchblutung am Sehnenansatz). Röntgenveränderungen werden oft erst nach jahrelang bestehender Erkrankung sichtbar.

Nicht auf die Entzündungsparameter verlassen

Als typischer Laborbefund gilt das positive HLA-B27 – allerdings mit sehr unterschiedlicher Verbreitung. Von den Patienten mit klassischer ankylosierender Spondylitis weisen mehr als 90 % das Leukozytenantigen auf. Bei Psoriasis-Arthritis bzw. Crohn oder Colitis mit Wirbelsäulenbefall liegt der Anteil deutlich niedriger. Die Spondyloarthritis ist definitionsgemäß seronegativ, d.h. es lassen sich weder Rheumafaktor noch Antikörper gegen zyklische citrullinierte Peptide (CCP-Ak) detektieren. Auch auf die Entzündungsparameter darf man sich nicht verlassen: Blutsenkung und C-reaktives Protein liegen in etwa einem Drittel der Fälle im Normbereich. 

Zur Diagnose der frühen axialen Spondyloarthritis empfahl Prof. Märker-Hermann die Klassifikationskritierien der ASAS*. Sie gelten für Patienten, deren chronisch entzündlicher Rückenschmerz vor dem 45. Lebensjahr begann. Neben Bildgebung und HLA-B27 werden zahlreiche weitere Spondyloarthritis-Parameter berücksichtigt – von Arthritis bis Uveitis (s. Kasten).

Spondyloarthritis-Parameter

  • entzündlicher Rückenschmerz
  • Arthritis
  • Enthesitis an der Ferse
  • Uveitis
  • Daktylitis
  • Psoriasis
  • M. Crohn/C. ulcerosa
  • gutes Ansprechen auf NSAR
  • Positive Familienanamnese für SpA
  • HLA-B27
  • erhöhtes CRP

Demnach besteht eine axiale SpA, wenn die Bildgebung (Röntgen oder MRT) eine Sakroiliitis ergibt und zusätzlich mindestens eines der genannten Spondyloarthritis-Zeichen vorliegt. Anhand dieser beiden Befunde lässt sich die axiale SpA mit einer Spezifität von 97 % entdecken (Sensitivität 66 %). Die Diagnose kann man aber auch schon vor dem Auftreten radiologischer Veränderungen stellen: wenn der Patient HLA-B27 positiv ist und mindestens zwei weitere SpA-Kriterien erfüllt. In diesem Fall liegen Sensitivität und Spezifität über 80 %.  Eine Sonderform der SpA ist die Psoriasis-Arthritis (PsA), die sich durch ein „buntes Symptombild“ auszeichnet. Die Betroffenen müssen nicht unbedingt selbst entsprechende Hautveränderungen aufweisen. Es genügt eine Schuppenflechte bei einem Verwandten 1. oder 2. Grades. 

Spezifische Laborwerte für die PsA existieren bisher nicht

Im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis befällt die PsA häufig die Endgelenke. Oft kommt es auch zu einer Daktylitis, also der Entzündung sämtlicher Gelenke und Sehnen eines Fingers oder Zehes, sodass dieser „wurstartig“ geschwollen erscheint. Als Folge der ausgeprägten Gelenkentzündung drohen mutilierende Veränderungen. Die PsA manifestiert sich außerdem oft mit einer asymmetrischen Oligoarthritis, kann aber genauso überwiegend kleine Gelenke befallen. Die Wirbelsäulenschäden gleichen der Spondylitis ankylosans.  Spezifische Laborwerte für die Psoriasis-Arthritis existieren bisher nicht. Rheumafaktor und CCP-Antikörper sind definitionsgemäß negativ. BSG und CRP können, müssen aber nicht erhöht sein. Die Bildgebung zeigt in fortgeschrittenen Fällen ein Nebeneinander von Erosionen und osteoproliferativen Veränderungen. Enthesitis und Arthritis werden durch einen positiven Power-Doppler sichtbar als Zeichen der vermehrten Perfusion. Bei der Spondylitis können sich im Bindegewebe sogenannte Parasyndesmophyten bilden, die oft keine Verbindung zum benachbarten Wirbelkörper haben.

* ASAS: Assessment of SpondyloArthritis international Society

Kongressbericht: 127. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (Online-Veranstaltung)