Anzeige

Lungenhochdruck bei COPD: Ab ins Expertenzentrum!

Autor: Manuela Arand

Fast jeder Patient mit COPD entwickelt eine pulmonale Hypertonie. Fast jeder Patient mit COPD entwickelt eine pulmonale Hypertonie. © iStock.com/wwing
Anzeige

Patienten mit schwerer COPD weisen oft einen pulmonalarteriellen Mitteldruck über 20 mmHg auf, also eine pulmonale Hypertonie. Therapeutische Optionen sind rar. Umso wichtiger ist die klare Abgrenzung vom besser behandelbaren pulmonalarteriellen Hochdruck.

Die Nizza-Konferenz hat im vergangenen Jahr den Grenzwert für den pulmonalarteriellen Mitteldruck (mPAP) gesenkt, ab dem eine pulmonale Hypertonie (PH) zu diagnostizieren ist. Er liegt jetzt bei 20 statt vorher 25 mmHg – und stürzt jeden Arzt, der Patienten mit Lungenhochdruck behandelt, ins Dilemma. Denn keines der verfügbaren PH-Medikamente ist im Druckbereich zwischen 20 und 25 mmHg getestet und zuge­lassen, erklärte Professor Dr. Stefan Krüger vom Florence Nightingale Krankenhaus in Düsseldorf.

Die neue Definition rührt daher, dass der mPAP bei Gesunden im Schnitt 14 mmHg beträgt mit einer Standardabweichung von 3 mmHg. Als pathologisch gilt: Mittelwert plus zweimal Standardabweichung. Der neue Grenzwert ist also schon gerechtfertigt, so Prof. Krüger. Zudem steigen im Krankheitsverlauf ab 20 mmHg Morbidität und Mortalität.

Bis zu 5 % der COPDler mit schwerer PH

Für den Pneumologen relevant ist vor allem die Gruppe 3 der PH-Klassifikation, die die pulmonale Hypertonie infolge pulmonaler Erkrankungen und/oder Hypoxie einschließt, also auch die PH bei COPD:

  • 90 % der Patienten mit schwerer COPD haben einen erhöhten pulmonalen Druck, wobei der mPAP meist nur moderat gesteigert ist.
  • 1–5 % der COPDler weisen in Ruhe einen mPAP über 35 mmHg, also eine schwere PH auf.

Bei rund 6 Mio. COPD-Kranken betrifft das ziemlich viele Menschen, wie Prof. Krüger betonte. Zudem zeigen COPD-Patienten bei Belas­tung oft einen raschen und starken Druckanstieg, was als Zeichen für Rarefizierung und zunehmende Steifigkeit der Lungengefäße zu werten ist.

Differenzialdiagnose leicht gemacht
TestEher PAHEher PH bei COPD
LungenfunktionstestsGering eingeschränkte Lungenfunktion, schlechte DiffusionModerat bis schwer eingeschränkte Lungenfunktion, Diffusion korrespondiert mit Lungenfunktion
Hochauflösendes CTKeine oder nur geringfügige ParenchymveränderungenCharakteristische Atemwegs- und/oder Parenchymveränderungen
Echokardiographie, RechtsherzkatheterModerate bis schwere PHMilde bis moderate PH
Risikofaktoren für eine PAH, z.B. HIV, Bindegewebserkrankung, BMPR2-MutationVorhandenNicht vorhanden
Kardiopulmonale FunktionstestsHinweise auf reduzierte zirkulatorische Reserve, z.B.
  • Erhaltene Atemreserve
  • Reduzierter Sauerstoffpuls
  • Venöse Sauerstoffsättigung unter Norm
  • PaCO₂ bei Belastung unverändert

Hinweise auf reduzierte ventilatorische Reserve, z.B.

  • Reduzierte Atemreserve
  • Sauerstoffpuls normal
  • Venöse Sauerstoffsättigung normal
  • PaCO₂-Anstieg bei Belastung

Modifiziert nach Nathan SD et al. ERJ 2019, in press

Wahrscheinlich gibt es einen speziellen pulmonalvaskulären Phänotyp der COPD, der typischerweise ohne starke Atemflusseinschränkung daherkommt, aber eine ausgeprägte Hypoxämie und Diffusionskapazität zeigt. „Diese Patienten haben keine schwere Bronchialerkrankung, sondern eher ein kardiovaskuläres Problem“, so Prof. Krüger. „Wenn Sie bei ihnen eine Spiroergometrie machen, ist die Belastbarkeit nicht pulmonal limitiert, sondern kardial.“ Die vaskulären Veränderungen sehen ähnlich aus wie bei der idiopathischen pulmonalen Hypertonie und das Mortalitätsrisiko ist stärker durch die PH geprägt als durch die FEV1.

Es gibt wohl einen pulmonalvaskulären Phänotyp der COPD

Im Einzelfall kann es schwierig sein, zu differenzieren, ob der Patient primär ein vaskuläres oder ein pulmonales Problem hat, also wirklich zur Gruppe 3 der Klassifikation gehört oder doch in Gruppe 1 (pulmonalarterielle Hypertonie, PAH). Die Unterscheidung tut aber not, denn für die PAH gibt es etablierte und zugelassene Medikamente sowie validierte Therapiealgorithmen. Bei der Nizza-Konferenz haben die Kollegen Kriterien entwickelt, die bei der Differenzialdiagnose helfen (s. Tabelle).

Es gibt zwar einige randomisierte kontrollierte Studien, die vasoaktive PAH-Medikamente wie Sildenafil oder Bosentan bei Patienten mit COPD-assoziierter PH getestet haben. „Die Ergebnisse sind aber relativ ernüchternd“, meinte Prof. Krüger. Die Hämodynamik besserte sich zwar, aber die Belastbarkeit im Sechsminutengehtest und die Lebensqualität kaum. Die Oxygenierung kann sich unter diesen Medikamenten sogar verschlechtern bis hin zur schweren Hypoxämie.

Keine Therapie bei mPAP < 35 mmHg und gutem Cardiac Index

Eine Behandlung ist der geltenden deutschen Konsensusempfehlung zufolge bei einem mPAP unter 35 mmHg und einem guten Cardiac Index (über 2 ml/min/m2) nicht erforderlich. Bei schwerer kranken Patienten halten die Experten einen Therapieversuch über drei Monate für gerechtfertigt, auch weil die Prognose ausgesprochen schlecht ist. Sie empfehlen PDE-5-Hemmer für die Initialtherapie – nicht aus Evidenz-, sondern aus Kostengründen. Die Therapie sollte aber möglichst in einem Expertenzentrum erfolgen.

Quelle: 8. Kongress der Westdeutschen Gesellschaft für Pneumologie (WDGP) und der Nordrhein-Westfälischen Gesellschaft für Schlafmedizin (NRW-GSM)